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Zum Ende der Seite springen Parsifal und der zerbrochene Gral
Beiträge zu diesem Thema Autor Datum
 Parsifal und der zerbrochene Gral ALO Atheist 22.04.2014 00:56
 Parsifal und der zerbrochene Gral ALO Atheist 03.09.2014 19:33
 RE: Parsifal und der zerbrochene Gral ALO Atheist 28.04.2014 20:01

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ALO Atheist
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Heute, am Ostermontag (21. April 2014), erlebte ich eine sehr gute Aufführung von Richard Wagners "Parsifal" in der Wiener Staatsoper aus einem der besten Plätze der Oper, aus der Mittelloge.

Ich kenne das Werk. Bisher sah und hörte ich Wagners "Parsifal" in der Wiener Staatsoper - Aufführungsdauer 5 Stunden - etwa 15 Mal, schrieb 1996 eine 50-seitige Arbeit zu Wagners Dichtung "Parsifal" und habe das gesamte Libretto schon 1988 auswendig gelernt - die vielen, vielen Stunden damals als Teenager mit dem Klavierauszug am Klavier habe ich nicht gezählt.

Heute war alles perfekt - die Sänger: Johan Botha, Peter Rose, Waltraud Meier, Matthias Goerne, Boaz Daniel, Andreas Hörl, die Chöre mit perfekter Choreinstudierung, das Dirigat von Franz Welser-Möst und das Ochester, die Inszenierung von Christine Mielitz interessant -, und dann am Ende der Oper dieses Missgeschick. Bei der Gralsenthüllung - zu den Worten "Enthüllet den Gral, öffnet den Schrein!" - fällt der "Heilige Gral" aus dem "Transport-Kasten" - Inszenierung - mit einem lauten Knall - zu schönster und verklärtester Erlösungs-Musik - auf den Bühnenboden und zerschellt in hundert Scherben. Dann der wunderbare vom Orchester getragene Schlussgesang der Chöre mit den Worten: "Höchsten Heiles Wunder! Erlösung dem Erlöser!"

Mir kam aufgrund dieses Missgeschicks eine Stelle aus Friedrich Nietzsches "Der Fall Wagner" in den Sinn:

"Es geschah beim Begräbnisse Wagners, daß der erste deutsche Wagner-Verein, der Münchener, an seinem Grabe einen Kranz niederlegte, dessen Inschrift sofort berühmt wurde. 'Erlösung dem Erlöser!' - lautete sie. Jedermann bewunderte die hohe Inspiration, die diese Inschrift diktiert hatte, jedermann einen Geschmack, auf den die Anhänger Wagners ein Vorrecht haben; viele aber auch (es war seltsam genug!) machten an ihr dieselbe kleine Korrektur: 'Erlösung vom Erlöser!' - Man atmete auf. -"

Für mich war innerlich mit diesem Missgeschick diese Aufführung zu Ende. Die Sänger - befreit von der Inszenierung - improvisierend, die Chöre, das Orchester machten das Beste daraus und führten das Werk musikalisch korrekt zu Ende - ohne Gral.

Ich habe bei Wagner-Opern in den letzten Jahrzehnten schon einige Missgeschicke erlebt, bei denen manche peinlicher waren, wenn in Wagners "Siegfried" Wotan (Der Wanderer) den Runenspeer mit der Metall-Spitze unten fest auf den Boden stellt und den Speer dann im Singen ohne Spitze in die Höhe hebt, weil die Speer-Spitze gut sichtbar im Bühnenboden feststeckt. Wotan erkannte das, musste sich im Singen hinunterbeugen, die Spitze aus dem Boden ziehen und wieder auf seinen Runenspeer aufstecken.

Oder - eine andere Aufführung von Wagners "Siegfried" -, wenn der vordere Teil von Wotans (Der Wanderer) Speer vorzeitig abfällt, beinahe die Hängebrücke hinunter - Inszenierung -, bevor er von Siegfried in zwei Teile zerschlagen werden kann. Der Sänger war so geistesgegenwärtig, dass er auf der Hängebrücke den plötzlich abfallenden halben Teil des Speers gerade noch rechtzeitig auffangen konnte, bevor er ganz unten liegt, den Speer wieder zusammenstoppelte, und dann kam Siegfried von der anderen Seite der Hängebrücke und schlug mit seinem Schwert den Speer erfolgreich in zwei Teile. Damit war die Szene gegessen.

Aber noch nie war ein Missgeschick so störend, wie heute in "Parsifal" dieser am Boden so laut zersplitterte Gral am Höhepunkt der Oper.

Was sagt uns das? Gar nichts, außer, dass Missgeschicke zur Lebendigkeit am Theater und in der Oper dazugehören.
22.04.2014 00:56 Offline | suchen | Freundesliste | Portal
ALO Atheist
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Was aber, wenn ein Missgeschick gar keines ist?

Mich hat an der Wiener Parsifal-Inszenierung von Christine Mielitz so gut wie nichts gestört, nicht, dass der 1. Akt am Pissoir einer Irrenanstalt spielt, nicht das zombiehafte Gralsrittertum, nicht, dass das Publikum eine Zeit lang mit grellstem Flutlicht angestrahlt wird, nur, dass der Gral am Ende mit hundert Scherben so einen enormen Krach macht und damit die Musik kaputt, das hat mich gestört. Vielleicht wäre - wenn schon kein Gral - ein leerer Transport-Koffer besser gewesen, oder Christine Mielitz hätte den Gral anstatt aus Ton aus Pappkarton herstellen lassen, und am Ende flattert er in Form von Konfetti wie eine Straßen-Taube ganz leise zu Boden.

Die Inszenierung von Christine Mielitz ist vielfältig interessant und als Ganzes sicher kein Missgeschick, die - vielleicht ungewollte - Idee mit dem Krach der Scherben gegen die Musik allerdings schon.
03.09.2014 19:33 Offline | suchen | Freundesliste | Portal
ALO Atheist
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Bayreuther Festspielhaus fotografiert um 1900 (eingefärbt):



Aufgrund der hohen Nachfrage eine etwas ältere exemplarische Gesamtaufnahme von Richard Wagners Bühnenweihfestspiel "Parsifal" unter Hans Knappertsbusch mit folgender Jahrhundert-Bestbesetzung: Wolfgang Windgassen (Parsifal), George London (Amfortas), Ludwig Weber (Gurnemanz), Hermann Uhde (Klingsor), Martha Mödl (Kundry). Bayreuth 1951: youtube.com/watch?v=T1RNdSRemzg&index=62&list=PL00A65688CBA71BC7
28.04.2014 20:01 Offline | suchen | Freundesliste | Portal
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