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Zum Ende der Seite springen Essay politische Phil.: Philosophenstreit Sloterdijk - Honneth
Beiträge zu diesem Thema Autor Datum
 Essay politische Phil.: Philosophenstreit Sloterdijk - Honneth Kant2 09.07.2010 13:11
 RE: Essay politische Phil.: Philosophenstreit Sloterdijk - Honneth nicolai 10.07.2010 15:10

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Kant2 Kant2 ist männlich
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Wo bleibt der Mensch? - Eine Debatte ohne das Wesen des Menschen bringt uns nicht weiter
Wer die Diskussion zwischen Peter Sloterdijk und der Frankfurter Schule im letzten Jahr verfolgt hat und sich auf die reinen Inhalte konzentrieren konnte, dem ist nicht entgangen, dass die Philosophen aus den Hochschulen wieder in den politischen Raum gelangen möchten. Grundsätzlich ist das ja zu begrüßen. Aber die Art und Weise hat dann wohl eher der Philosophie als Wissenschaft mit Praxisbezug geschadet. Das ist ja auch von anderen populären Philosophen wie Richard David Precht (Spiegel 45/2009) entsprechend analysiert und kommentiert worden. Was aber hier fehlt, ist die grundsätzliche Notwendigkeit einer politischen Philosophie. Wie richtig bemerkt, fehlt es der der philosophischen Forschung an Originalität. Aber auch Precht kommt nicht über den Standpunkt hinaus, dass wir eine Philosophie für die Gesellschaft brauchen. Bisher ist es eine Aufnahme der politischen Debatte auf demselben Niveau wie vorher. Da nutzt auch der Verweis des Frankfurter Philosophen Axel Honneth auf die aktuelle wissenschaftliche Literatur nichts.
Ein Blick in die Philosophien-Kiste zeigt aber, dass es da doch einige Ansätze gibt, die einer Neuorientierung in den Hochschulen hin zu einer mehr praktisch anwendbaren Philosophie zuhanden sein können. Nur müssen wir diese weiter denken und nicht vor Ehrfurcht versinken. Dann kommt nie ein neuer Ansatz zustande. Deshalb ist es erforderlich, aus ihnen solche grundsätzlichen Überlegungen abzuleiten, die der Politik einen Handlungsrahmen liefern. Eine Analyse sollte sich an der Frage orientieren, in welchen philosophischen Richtungen diese Ansätze gefunden werden können.
In dieser Debatte, die leider keinen Diskurs-Charakter hatte, ging es um nicht weniger als den Rahmen, den uns (das sind wir Bürger) die Politik für ein gelungenes Leben in Würde liefern soll. Instrumentell wurde die Diskussion auf die Ausgestaltung des Steuersystems fokussiert, was durchaus Sinn macht. Denn hier ist der wesentliche Spielraum der Politik zu sehen. Dieser Rahmen wird durch Begriffe wie Freiheit, Gerechtigkeit, Zwang, Klassen, Moralische Errungenschaften wertebezogen abgesteckt. Bis dahin alles gut. Das, was wir betrachten wollen, hat einen Inhalt, nämlich die die Gefährdung der Freiheit und Gerechtigkeit im bestehenden Steuersystem und mögliche Schritte aus diesem Missstand. Was dann kam, war ein öffentliches Abwatschen, was durchaus uns an das Niveau von täglich vorgeführten Schlammschlachten im politischen Raum erinnert, wenn sich die Parteien in die Polemik begeben, um vom eigentlichen Problem oder Inhalt abzulenken. Die Chance, hier eine maßstäbliche Bewertung der Standpunkte diskursiv vorzunehmen und vielleicht zu einem gemeinsamen tragfähigen Vorschlag zu kommen, wurde bisher vertan.
Kommen wir zum Inhalt. Es ist durchaus verständlich, wenn der Zugriff auf das Eigentum scheinbar willkürlich erfolgt. Vermögensabgabe und Steuererhöhung sind anonyme Schritte, die die Kassen füllen sollen, damit die Politik und der Staatsapparat handlungsfähig bleiben. Die Betroffenen können sich nicht wehren, wenn dies von der Politik beschlossen wird. Wenn Sloterdijk eine sozialpsychologische Neuerfindung der Gesellschaft als Voraussetzung sieht, diesen Missstand aufzuheben, dann hat er grundsätzlich Recht. Aber das heißt nicht, dass es sinnvoll ist, das steuerliche Solidarsystem infrage zu stellen. Der Vorschlag, nun gleich Steuern (zumindest einen Großteil) abzuschaffen, zeugt allerdings von einer Weltfremdheit, die ja nicht einmal eine Partei wie die FDP an den Tag legt. Vorausgesetzt, der Staat braucht diese Einnahmen, also ohne Debatte, ob die Ausgaben sinnvoll oder nicht sind, muss der Staat sich auf feste Einnahmen verlassen können. Dass die gut Verdienenden höhere Steuern zahlen müssen, ist gesellschaftlich akzeptiert. Die heutige Steuerbelastung wird von der Bevölkerung weitgehend getragen. Was nicht hinnehmbar ist, dass hier dem Staat ein Instrument zur schleichenden Enteignung zur Verfügung steht. Steuererhöhung für gut Verdienende oder Vermögensabgaben sind sicher legitim zu diskutierende Handlungsoptionen, zumal diese aus den Reihen der Betroffenen schon eingebracht werden (http://www.appell-vermoegensabgabe.de/). Sie müssen aber gesellschaftlich getragen werden und dürfen nicht zu einer Art Klassenbildung in „zu Melkende“ und „zu Fütternde führen. Dann sind wir am Ende. Gibt es aber keinen anderen Weg, der dem menschlichen Wesen mehr entspricht?
Sicherlich lässt sich das Thema mit den Ansätzen zur Gerechtigkeit eines John Rawls angehen und anhand der Begriffe Bedarfsgerechtigkeit und Leistungsgerechtigkeit diskutieren oder mit den Überlegungen des Utilitarismus verbinden. Ob das wirklich weiterhilft, ist fraglich. Jede Perspektive hat gute Argumente und es gibt immer Verlierer, wenn man die Debatte so führt.
Ich denke, dies ist gar nicht notwendig. Sicher werden auch Sloterdijk und andere an dem Grundsatz der Steuer gar nicht rütteln wollen. Dieses ist hier gar nicht das wirkliche Thema. Ein bestehendes Delta im Finanzhaushalt gilt es zu schließen, ohne dass eine Quasi-Teilenteignung stattfindet. Die Seite der Fordernden hat durchaus richtig erkannt, dass viel Geld vorhanden ist. Wie soll es aber für die Allgemeinheit besser nützlich werden, ohne einen Teil zu enteignen?
Es ist überraschend, dass der Existenzphilosophie hier keine Aufmerksamkeit geschenkt wird. Oder liegt es daran, dass die universitäre Forschung sich nicht aus den Löchern traut? Nun, als Ökonom und Philosoph bin ich in dieser Debatte vielleicht auch im Vorteil. Es geht vielmehr um das Suchen nach Handlungsoptionen, die dem Wesen des Menschen entsprechen. Die Frage verändert sich vom „Was soll ich tun?“ zum „Was kann ich tun?“ als Frage einer Tugendethik, wie sie Aristoteles stellte. Vielleicht sollte man beide Fragen auch verbinden. In der ersten Frage spiegelt sich das Verhalten gegenüber einer Abgabe an die Gemeinschaft wider, wie es das Steuersystem vorsieht. Es ist meine Pflicht, Steuern zu zahlen und als solche hat sie ethische Relevanz. Ich bin eine Stütze dieser Gesellschaft und von mir wird moralisches Verhalten erwartet. Die Frage „Was kann ich tun?“ zielt aber auf ein gelungenes Leben ab. In welchen Zusammenhang will ich mein Handeln bringen? Dies kann nur mit meinen strukturellen Voraussetzungen des Könnens, Wollen und Dürfens in Einklang passieren. Es handelt sich um Seinsmöglichkeiten im Sinne Heideggers. Es ist aber auch grundsätzlich Inhalt der Existenzialphilosophie, die sich ja gerade mit dem Einbringen meines selbst in diese Welt beschäftigt.
Auch die von Viktor Frankl begründete Logotherapie setzt am Sinn des Lebens an und hat mit der Existenzanalyse ein theoretisches Gerüst, auf dem sich dem Wesen der menschlichen Existenz angenähert wird. Das helfende Moment lässt sich auch auf die Politik übertragen. Warum sollen diese Betrachtungen unter dem Aspekt der vorhandenen Geldsummen bei den Bürgern nicht auch Grundlage für eine politische Logotherapie sein? Kann nicht Politik eine Positionierung der Menschen in der Gesellschaft verbessern? Ansätze dazu lassen sich schon finden, aber eigentlich ist es doch eher ein fundamentloses Bauen, das nach dem ersten Wind wieder einstürzt oder eben so klein bleibt, dass es gar nicht auffällt. Aber gerade mit dem philosophischen Fundament ließe sich ein Bezugssystem neu erstellen, in dem auch vermögende Bürger einen Platz haben. Mit dem Ausblick auf Sinnstiftung, verstanden als etwas subjektiv Anziehendes, das objektiv attraktiv ist, kann sicherlich eine Beteiligung der Wohlhabenden an den Aufgaben der Gesellschaft über das reine Steuerzahlen hinaus erfolgen. Es ist durchaus möglich, eine Win-Win-Situation entstehen zu lassen. Die Kardinalfrage lautet: Was ist subjektiv anziehend und nutzt uns allen? Gerade dort, wo wir für die Vermögenden subjektiv Anziehendes vermuten, sollte die Politik Ansatzpunkte finden. Das ist dann ein weiterer Schritt zur Bürgergesellschaft. Ohne ein philosophisches Fundament, aber mit einer real wirksamen Effektivität und Effizienz ist ein solcher Ansatz in den USA vorhanden. Hier wirkt die Gesellschaft schon als Handlungskorrektiv dahingehend, dass sich ab einem gewissen Vermögen ein gesellschaftliches Engagement gar nicht umgehen lässt, will man nicht an den gesellschaftlichen Werterand gedrückt werden. Für Deutschland ist das so einfach nicht zu übertragen. Dies lässt sich durch reines Handauflegen nicht erreichen.
Es gilt, eine neue politische Philosophie zu entwickeln, die ontologische Ansätze der Philosophie berücksichtigt. Hier ist ein sinnvolles Betätigungsfeld für die Sloterdijks und Honneths dieser Welt. Wir werden schon schnell zu Ergebnissen kommen, die dem Wesen des Menschen besser entsprechen als es anonyme Steuerzahlungen und Spenden tun. Freiwilligkeit und Selbstbestimmtheit ist zwar bei Spenden gegeben, aber es hat nicht den Charakter einer Rekursivität und ist damit rein altruistisch geprägt. Auf diesen Eigenschaften ließe sich sicher keine politische Philosophie zur Entwicklung einer Bürgergesellschaft entwickeln. Diese Antwort konnte wohl Sloterdijk seinem Gastgeber Heiner Geißler nicht geben als dieser mit der Argumentation der steuerlichen Absetzbarkeit von Spenden dem von Sloterdijk ins Spiel gebrachten Freiwilligkeitsprinzip und Selbstbestimmtheitsgrundsatz begegnete (FAZ, 04.03.2010). Sicherlich benötigen wir Steuern als gesellschaftliche Verpflichtung und Spenden als mögliche altruistische Handlung. Aber dazwischen scheint es noch etwas zu geben, dass dem Wesen des Menschen entschieden mehr entspricht. Eine Verankerung des Seins in der Gesellschaft. Und das ist genau eine Antwort auf die Sinnfrage, die wir uns als homo sociologicus stellen. Was können wir für unser Umfeld tun?

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09.07.2010 13:11 Offline | suchen | Freundesliste | MSN | Portal
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...bla,bla,bla...
...selberdenken, nicht von anderen "vordenken" lassen macht souverän und weise - und genau das ist das Problem; die "Elite" hat keinerlei Interesse daran, dem Durchschnittsmenschen diese Möglichkeit zu eröffnen oder sie gar zu fördern, denn dann könnte ja besagter "Durchschnittsmensch" ebendiese selbsternannte "Elite" und deren tatsächliche Befähigung oder Berechtigung zur Systemlenkung zu hinterfragen beginnen;
Um´s kurz zu halten : siehe Massenmedien, Konsum-, Überfluß-, Wegwerf- und Leistungsgesellschaft, Wahlverhalten und Meinungsmanipulation; ah ja, und natürlich "Expertengläubigkeit"...

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...natürlich hab´ ich leider recht !
10.07.2010 15:10 Offline | EMail | suchen | Freundesliste | Portal
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