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Zum Ende der Seite springen Christliche Übersetzungen
Beiträge zu diesem Thema Autor Datum
 Christliche Übersetzungen Skeptiker 06.07.2010 13:32
 RE: Christliche Übersetzungen nicolai 08.07.2010 00:03

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Skeptiker Skeptiker ist männlich
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Dabei seit: 27.09.2007
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Herkunft: Wen interessiert´s?

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Immer wieder stolpere ich über eigenartige Übersetzungen von daoistischen Texten. Da ich doch einiges über den Daoismus weiß, kommen sie mir sofort eigenartig vor, da die jeweilige Übersetzung undaoistisch ist. Jüngstes Beispiel:

Zitat:
Original von Ramon
Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass Laotse ein Sozialdarwinist war, der die Ansicht vertrat, dass sich der größte Egoist schon durchsetzen wird. Passiv ist der Egoist und der Egoismus ja relativ selten. Wenn Laotse folgendes schreibt:

Ich habe drei Schätze
Der erste ist die Liebe
Der zweite heißt: nie zu viel
Der dritte ist: nie der Erste sein


Besonders der erste "Schatz" ist eigenartig. Liebe ist nämlich kein Ziel des Daoismus. Auch nicht von Konfuzianismus oder Buddhismus. Liebe hat also in der chinesischen religiösen Gedankenwelt höchstens eine untergeordnete Bedeutung. Nur der im Altertum lebende Mozi hatte die allumfassende Liebe zum Zentrum seiner Philosophie gemacht. Der Moismus ist aber auch schon im Altertum untergegangen.

Da ich mein Tao-Te-King nicht fand, suchte ich im Internet danach und fand das:

Zitat:
Original von Skeptiker
Ich habe drei Schätze, die ich schätze und hüte:

Der eine ist die Liebe,
der zweite ist die Genügsamkeit,
der dritte ist die Demut.

Die Liebe macht, daß man mutig sein kann,
die Genügsamkeit macht, daß man weitherzig sein kann,
die Demut macht, daß man fähig wird zu herrschen.
Heutzutage ist man mutig unter Preisgabe der Liebe,
weitherzig unter Preisgabe der Genügsamkeit,
den andern voran unter Preisgabe der Demut:
das ist der Tod.

Denn die Liebe siegt im Kampfe,
ist fest in der Verteidigung.
Wen der Himmel retten will,
den schützt er durch die Liebe.


Wieder Liebe!?! Jetzt war es mir zu bunt und ich ging ein neues Tao-Te-King kaufen. Ich wurde fündig. Es gibt eine börslschonende Ausgabe vom Reclamverlag. Aber ich kaufte noch ein zweites, welches sowohl Kommentare zur Übersetzung als auch den Originaltext in Chinesisch mitlieferte.

Das lese ich im Reclamheft:
Zitat:
Wohl! Ich habe drei Kostbarkeiten,
Die ich mir halte und hüte.
Die erste heißt: Barmherzigkeit;
Die zweite heißt: Mäßigkeit;
Die dritte heißt: nicht wagen, dem Reich voranzugehen.


Barmherzigkeit ist schon ganz was anderes als Liebe. Barmherzigkeit stand selbst bei den nicht gerade zimperlichen Römern hoch im Kurs.

Die Frage ist nun, was ist richtig? Im Original steht ci und nicht ai (Liebe). Trotzdem wurde im Buch mit dem Originaltext mit Liebe übersetzt :(
Begründet wurde so:
Zitat:
Das im Buch vorkommende zeichen ci setzt sich aus Herz und einem phonetischen Zeichen zusammen und wir mit ai "lieben" kommentiert.


Nun fehlt dieser Kommentar gar gänzlich. Also habe ich im Langenscheid nachgeschaut. Ci wird dort mit großherzig und gütig übersetzt. Das passt viel besser zum chinesischen Denken als Liebe.

Noch besser passt es aber diese Passage gänzlich zu ignorieren. Die Chinesen haben nämlich immer schon drei Religionen zugleich angenommen. Daoismus erklärte die Welt und beeinflusste die Medizin. War also für das Leben. Konfuzianismus legt größten Wert auf den Umgang miteinander. War also für die Gesellschaft. Buddhimus legt großen Wert auf das Zustreben dem ewigen Wiedergeboren werden zu entgehen. War also etwas für den Tod. Man sieht also, dass die Chinesen sich die Ethik von den Konfuzianisten holten und das Tao-Te-King in diesem Aspekt eher ignorierten - Insbesondere da sie ähnliche Gedanken im Konfuzianismus viel ausgereifter vorfanden.

Die Frage ist nun noch: Warum die europäischen Übersetzer so sehr an der Übersetzung Liebe anstatt Güte für ci festhalten. Meine These: Damit will man die christliche Nächstenliebe als umfassende Erkenntnis aller Religionen hinstellen.

PS: Manche werden sich fragen, warum in manchen Texten Taoismus und in anderen Daoismus steht. Grund: Früher war die lateinische Alliteration nach Wade-Giles. Da wurde Tao geschrieben. Wade-Giles war aber nicht gut genug. Also wurde das Pinyin als Alliteration eingeführt und sogar als ISO-Norm standartisiert. In Pinyin heißt es aber Dao. Daoismus ist also die korrekte Form.

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Zweifel schützt vor Lügen
06.07.2010 13:32 Offline | EMail | suchen | Freundesliste | Portal
nicolai nicolai ist männlich
Superintelligenz


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Dabei seit: 05.02.2010
Beiträge: 5.047
Herkunft: Graz

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...also entweder irrst Du, oder mein Lieblingschinese, denn da steht immer was von "acht Schätzen" auf der Speisekarte... Happy

__________________
...natürlich hab´ ich leider recht !
08.07.2010 00:03 Offline | EMail | suchen | Freundesliste | Portal
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