Skeptiker
Professor/in+
Dabei seit: 27.09.2007
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Herkunft: Wen interessiert´s?
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Wenn ich mich als Atheist geoutet habe, wurde ich oft mit mit großem Befremden betrachtet. Immer wieder wurde mir gesagt, dass man doch an irgendetwas glauben muss. Eine Diskussion von 2 bis 3 Stunden ist fast vorprogrammiert. Oft wurde mir auch Intoleranz vorgeworfen, obwohl ich nichts anderes gemacht habe, als meinen Atheismus zu vertreten.
Wie ist es euch bei solchen Outings gegangen oder habt ihr euch bisher bedeckt gehalten?
__________________ Zweifel schützt vor Lügen
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26.07.2009 20:02 |
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Bei mir das umgekehrt. In einem atheistischen Elternhaus aufgewachsen, war ich mit ungefähr mit 5 oder 6 Jahren bei einer Großtante zu Besuch. In ihrer Wohnung hing ein Brustbild von Jesus Christus mit der Dornenkrone an der Wand. Ich fragte sie, wer das sei, da ich noch nie zuvor einen Mann mit langen Haaren gesehen hatte ( Gammler und Hippiezeit kam erst viel später;-).
Sie antwortete mir völlig entsetzt, ich müsste es doch „wissen“, dass sei Jesus…usw…..und er würde im Himmel leben. Ich erinnere mich noch, als ob es heute wäre…ich ich dachte, sie wollte mich verarschen und konnte nicht „glauben“, dass sie selbst daran glaubte.
Ich ließ mir schon als kleines Kind keinen Bären aufbinden, nicht weil ich allwissend war, sondern weil ich niemals mit Religion konfrontiert war und mein Vater allein naturwissenschaftlich orientiert war. Auch später gab es für mich keinen Grund irgendetwas zu glauben, was Religionen Menschen aufoktroyieren.
Für mich war und ist Atheismus die „Normalität“ und ich gehe damit genauso selbstverständlich um, wie ich mich nicht erklären muss, dass ich eine Frau bin. Wenn mir jemand gesteht, dass er gottesgläubig ist, fasse ich als "Outing" auf und daraus können gelegentlich stundenlange Diskussionen entstehen...
__________________ Atheismus ist frei von Religionssek(k)(t)iererei
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26.07.2009 21:09 |
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atlana
Weiser/Weise
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Die atheistische outing-situation kenne ich so direkt nicht, weil den leuten meistens auffällt, daß ich sehr ratiobedacht bin und mich im übrigen an alltagsfrömmigkeiten à la "ups ich hab was verloren, hoffentlich läßt der heilige antonius es mich bald wiederfinden" nicht beteilige.
Da kommt man mir erst gar nicht mit irgendwelchen esoterischen spinnereien, was mich unter anderem auch für die berüchtigten frauengespräche mit esoterikhang völlig unbrauchbar macht
Ein, zwei mal mußte ich hardcore-gläubige mit der nase drauf stoßen, aber das war eher eine genervte reaktion, nach dem muster: "aber du bist ja gottlos!" – "ja, eh."
Was ich allerdings sehr wohl kenne, ist eine art "antiklerikales outing". Hie und da wird mir gesagt, daß ich mich viel zu sehr über die kirche aufrege, weil die in wirklichkeit eh fast völlig machtlos ist, die politik auch nicht auf sie bezug nimmt und auch der vatikan weltpolitisch ohne einfluß ist. Und außerdem ist das mit der nazizeit und der inquisition und den hexenverbrennungen schon sooooo lange her…
__________________ ubi dubium ibi libertas
The past is a foreign country; they do things differently there. (L. P. Hartley)
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26.07.2009 23:07 |
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wgroiss
Dozent/in
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Nach längerem Nachdenken ist mir nun aufgefallen, dass ich von fast keinem meiner Bekannten und Freunde deren Religionszugehörigkeit weiss. Ist es denn wichtig zu wissen, wer sich zu welcher Schafherde bekennt?
__________________ Religiöser Wahn ist eine psychische Krankheit die zum Tode führen kann.
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27.07.2009 00:32 |
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Friedrich Maximillian
Dozent/in+
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Den Intoleranz-Vorwurf kenn ich. Besonders bezeichnend finde ich die Kombination mit der Unterstellung: " aber am Sterbebett, da wirst du deine Meinung schon ändern und nach dem Pfarrer betteln!!".
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27.07.2009 06:15 |
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atlana
Weiser/Weise
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von wegen sterbebett - standardsatz ist natürlich auch: "aber dann hat das leben ja überhaupt keinen sinn!"
bzw.
"du wirst schon sehen, wenn es dir mal schlecht geht, wirst du merken, wie wichtig glaube ist." das kommt bevorzugt von leuten, die keine ahnung haben, ob es mir gut oder schlecht geht, weil sie mich nicht eng genug kennen.
__________________ ubi dubium ibi libertas
The past is a foreign country; they do things differently there. (L. P. Hartley)
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27.07.2009 09:14 |
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Friedrich Maximillian
Dozent/in+
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Zitat: |
Zitat Atlana
"du wirst schon sehen, wenn es dir mal schlecht geht, wirst du merken, wie wichtig glaube ist." |
Warum ich den Topfen gerade dann glauben soll, wenn mir der "Gütige" den Sc...ß "Allwissend" und "Allmächtig an den Hals gehext hat?
Eine Art religiöses Stockholmsyndrom, oder was ?
Weil es zum Thema passt Youtube : EAV s'Muatterl
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27.07.2009 14:57 |
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wolfi
Doktor/rix*
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Zitat: |
Originally posted by Friedrich Maximillian
religiöses Stockholmsyndrom
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der ist gut!!!!
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27.07.2009 16:06 |
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LibrePenseur
Bakkalaureus
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Ich sage dann immer so ungefähr: "Warum soll ich an Märchen glauben. Was hat das für einen Sinn?"
__________________ "What progress we are making. In the Middle Ages they would have burned me. Now they are content with burning my books." Sigmund Freud
"LET THY FOOD BE THY MEDICINE AND THY MEDICINE BE THY FOOD" Hippokrates
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27.07.2009 09:03 |
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orion
Besserwisser/in
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Früher habe ich oft über das Thema Glauben diskutiert, in der Jugend und während des Studiums.
Irgendwann wurden mir die Diskussionen leid, weil am Ende alle wichtigen Fragen offen blieben und ich mir jedesmal eingestehen mußte, es fehlen mir wesentliche Voraussetzungen um die Unendlichkeit des Weltalls und die Unendlichkeit der Zeit zu begreifen und die Frage zu beantworten , woher kommen wir ,wohin gehen wir .
Religionen haben ich nie getraut, auch der protestantischen Religion nicht, mit der ich aufgewachsen bin. Schon früh wurde mir klar, alles Religiöse beruht auf der Vorstellung und überlieferten Geschichten von
Menschen , die sich ihre Religion "zusammengestrickt" haben.
Allerdings war und ist mir vieles , was wir christliche Werte nennen, wichtig, jedoch immer wieder hinterfragt und eingeordnet nach meinen eigenen Überzeugungen.
"Geoutet" habe ich mich nie...ich kann mich auch nicht erinnern, einmal
ausdrücklich nach meinem Glauben bzw Nichtglauben gefragt worden zu sein. Wenn ich Menschen kennenlerne, dann nicht oberflächlich, d. h. schon früh wird über alles mögliche diskutiert und dabei erkennt man offensichtlich schnell, wes "Geistes Kind" ich bin.
Vor wenigen Wochen starb eine nahe Angehörige. Sie war gläubig und lebte in einer Pfarrersfamilie. Als klar war , daß sie bald sterben mußte, haben sich die kleinen Enkel von der Großmutter verabschiedet, bei einem letzten Besuch im Krankenhaus. Natürlich mit dem Glauben , man sieht sich wieder. So verhielten sich aber auch die Erwachsenen.
Die ganze Familie ging mit dem Sterben sehr rational um. manchmal flüchtete man sich auch in Aktivitäten, in Dinge "die getan werden müssen". Insgesamt habe ich aber das Verhalten, nicht aber die Günde warum , bewundert.
Ich frage mich heute, ob es nicht genauso möglich ist, sich selbst vor dem Sterben zu verabschieden, wenn man nicht glaubt.
Sicher ist das möglich, aber kann man es auch ? Das beschäftigt mich seitdem. Eigentlich möchte ich mich dann verkriechen und allein sein.
Und ich denke, es ist gut ,ab und zu darüber nachzudenken, ohne mit anderen Argumente auszutauschen. Ich habe den Eindruck, es hilft mir ,meinen kommenden Lebensabschnitt bewußter zu erleben. Ehrlicher und kompromißloser.
Sicher sind für viele von Euch diese Gedanken nicht unbekannt , vielleicht sogar banal .
Manche werden auch behaupten wollen, sie hätten vor dem Tod keine Angst und vor dem Sterben eh nicht bei der modernen Medizin, die alles erleichtern kann.
Aber , was meint Ihr dazu, die sich angesprochen fühlen?
Was denkt Ihr darüber ? Seid Ihr so sicher, wenn es soweit ist, rational damit umgehen zu können? Oder findet Ihr es gut , Emotionen freien Lauf zu lassen ?
Orion
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28.07.2009 15:37 |
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atlana
Weiser/Weise
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Ich sehe eigentlich keinen grund, mit dem sterben rational umzugehen.
Denn an kein jenseits zu glauben, bedeutet weder, daß man in verzweiflung verfallen muß (wie religiöse leute das oft unterstellen) noch daß man den tod als biologisches faktum zur kenntnis nimmt.
Mit dem tod verschwindet ein geliebter mensch oder im fall, daß man selbst stirbt, verliert man seine lieben, das vergnügen des lebens. Das sollte doch reichen, daß man trauer empfindet. Aber man muß nicht angst haben, daß im jenseits irgendetwas schreckliches mit einem passiert, weil man nicht brav war.
Und die moderne medizin macht das sterben nicht leichter, sondern viel schwerer. Wenn überhaupt, habe ich angst vor der modernen medizin, wenn man sie zum exzess treibt.
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28.07.2009 18:59 |
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orion
Besserwisser/in
Dabei seit: 05.03.2009
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Mit der modernen Medizin meinte ich, daß man nicht leiden muß , weil es z.B. Morphium gibt...gegen Schmerzen...
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28.07.2009 19:26 |
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atlana
Weiser/Weise
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das ist auch eine mogelpackung. ich habe in den letzten jahren mehrere sehr alte menschen unter schmerzen sterben sehen. sie hatten alle morphium, aber sie sind trotzdem regelrecht krepiert. wenn man den leuten genug morphium gäbe, um sie schmerzfrei zu machen, würde man sie umbringen, denke ich.
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28.07.2009 19:50 |
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wgroiss
Dozent/in
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Mophium ist keine Mogelpackung. Ich erlebe das soeben bei einer Freundin von mir. Sie bekommt immer neue Metastasen in den Lymphknoten.. Ohne Morphium wären die Schmerzen unerträglich, mit Morphium geht's so halbwegs. Heilen kann sie die Schulmedizin ohnehin nicht.
__________________ Religiöser Wahn ist eine psychische Krankheit die zum Tode führen kann.
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28.07.2009 20:28 |
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atlana
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mogelpackung war wohl etwas zu hart formuliert. mein furor in dieser hinsicht kommt von der argumenation der menschen, die gegen beihilfe zum suizid bei unheilbar kranken menschen immer die segnungen der palliativmedizin anbringen.
ich sage nicht, daß es nie wirkt, aber meine beobachten sagen mir, daß es auch kein wundermittel ist, das ein würdevolles sterben garantiert.
die großmutter meiner besten freundin bekam dreimal täglich morphium gespritzt und hatte große schmerzen. eine bekannte hatte magenkrebs und hatte zu den schmerzen, die das morphium nicht lindern konnte, auch noch hunger, weil sie nichts essen konnte und man das hungergefühl nicht abstellen konnte. übrigens lag sie in einem zweibettzimmer mit einer frau, der man vor ihrer nase cremetorten und schnitzel serviert hat, weil sie sich "nur" was gebrochen hatte.
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28.07.2009 20:37 |
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Friedrich Maximillian
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Zitat atlana wenn man den leuten genug morphium gäbe, um sie schmerzfrei zu machen, würde man sie umbringen, denke ich. |
Ist genau das was ich erwarte: Ich krieg soviel Schmerzmittel, bis mir nichts mehr weh tut.
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28.07.2009 22:57 |
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atlana
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tja, da wird man leider, leider feststellen, daß dich die dosis umbringen würde und das wäre ja sterbehilfe. das wars dann mit der schmerzlosigkeit.
aber ich stimme zu, so würde ich mir das auch erwarten.
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28.07.2009 23:26 |
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Friedrich Maximillian
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Zitat: |
Zitat: atlana
tja, da wird man leider, leider feststellen, daß dich die dosis umbringen würde und das wäre ja sterbehilfe. das wars dann mit der schmerzlosigkeit. |
Das weis ich, drum geh ich auch in kein Krankenhaus, wo's Pinguine gibt. Dort ist die Gefahr noch größer, daß mit Schmerzmittel gespart wird. Von wegen süße Leiden Jesu.
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29.07.2009 04:02 |
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Skeptiker
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Zitat: |
Original von atlana
Und die moderne medizin macht das sterben nicht leichter, sondern viel schwerer. Wenn überhaupt, habe ich angst vor der modernen medizin, wenn man sie zum exzess treibt. |
Stimmt nicht ganz. Sterben könnte ganz einfach und schmerzfrei sein. Aber wir meinen ja, dass man alle Leute auch gegen ihren Willen und mit Schmerzen am Leben erhalten muss. Dem sanften Sterben steht eine religiöse Idee zuwider: Das Leben sei uns von Gott geschenkt.
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28.07.2009 20:50 |
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atlana
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ja, da sind wir uns wohl einig.
eines der dinge, die ich am tod selbst am meisten fürchte, ist das angeschlossenwerden an irgendwelche lebenserhaltenden maschinen, für jahre als schatten meiner selbst zu vegetieren, während man womöglich noch meine (präsumtiven) großnichten und -neffen dazu zwingt, mir dabei zuzusehen... nein, so ein leben würde ich nicht wollen.
und ich würde auch nicht wollen, daß man mich unter schmerzen verhungern läßt, während ich mir dessen bewußt bin.
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28.07.2009 22:08 |
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