wgroiss
Dozent/in
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Pharao Echnaton (ca. 1350 v.Chr) wollte einen Monotheismus einführen. Er erhob den Gott Aton in Gestalt der Sonnenscheibe zum Gott über alle Götter. Um diese Zeit dürften sich ja laut Bibel auch die hebräischen Ziegenhirten in Ägypten herumgetrieben haben. Also war es gar nicht der Moses, sondern Echnaton der ihnen diese Idee in den Kopf gesetzt hat.
__________________ Religiöser Wahn ist eine psychische Krankheit die zum Tode führen kann.
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05.01.2009 18:26 |
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atlana
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das glaub ich nicht.
dieser monotheismusfimmel stammt erst aus der zeit ab dem sog. babylonischen Exil, das endete im sechsten Jhd v. Ch. davor gab es durchaus noch polytheistische ansichten, die man auch an allen ecken und enden in der bibel schlecht wegredigiert findet, zb in der genesis an mehreren stellen.
außerdem war echnaton sozusagen eine "fußnote der geschichte" und seine nachwirkung war dank einer "damnatio memoriae" endentwollend. tatsächlich war dieser atonkult schon zu echnatons lebzeiten nur im kernraum um amarna durchgesetzt, nicht im ganzen ägypten.
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05.01.2009 22:17 |
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wolfi
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freuds theorie, gemäß "der mann moses und der monotheismus", wäre, dass moses ein ägypter war, der dann den israeliten diese religion gebracht hat. (und anscheinend von ihnen umgebracht wurde).
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06.01.2009 21:01 |
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atlana
Weiser/Weise
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ich habs generell mit nicht allzusehr mit freud - aber als historiker taugt er nun wirklich nichts.
vielleicht war moses ägypter, vielleicht hat es moses nie gegeben, und weil freud historische figuren braucht, um seine ideen zu illustrieren, sollte man von vornherein vorsichtig sein mit seinen werken, denke ich.
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07.01.2009 08:49 |
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wolfi
Doktor/rix*
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deshalb auch die verwendung des begriffs theorie.
soweit ich mich erinnern kann, hat in den 90ern sogar ein historiker (?) die theorie freuds aufgegriffen.
es wäre auf jeden fall vermessen, den israeliten unterstellen zu wollen, sie hätten einer monotheistischen religion angehangen...
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07.01.2009 11:35 |
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atlana
Weiser/Weise
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du hast mich auf die idee gebracht, mir das anzuschauen. danke für den tip.
@skeptiker
das geht schon einmal tief in die datierungsproblematik sämtlicher texte des at hinein. generell neigen historiker in letzter zeit dazu, alle texte des at eindeutig im ersten jts vor ch anzusetzen, also deutlich später als echnaton. selbst die begeistertsten bibelfans jüdischer udn christlicher provenienz daiteren die ältesten Texte auf ungefähr tausend vor.
diese legitimationsgeschichte ist allerdings seltsam. siehe oben, ich schaus mir an.
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07.01.2009 18:06 |
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Skeptiker
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Naja, ist mir schon klar, dass es Datierungsprobleme gibt. Aber es gibt ja auch Probleme Moses als historische Person dingfest zu machen. Also irgendwie passt da sowieso nichts wirklich zusammen. Ich denke da auch an die chinesische Geschichte. Immer wenn es an die Wurzeln der Religionen geht, dann verschwimmt die Geschichte hinter Legenden und Märchen. Das ist so bei den Juden, den Christen und auch bei den Moslems, bei den Konfuzianisten und bei den Taoisten und auch die Hindus glauben, dass ihr Gott Rama mal auf der Erde vorbei geschaut hat. Homers Geschichten Illjas und Odysee sind da ja richtiggehend durchdrungen von Historizität. Meines Wissens sind nur Mohamed und Konfuzius verbürgte historische Personen, alle anderen können nicht nachgewiesen werden.
Zurück zum Monotheismus: In einer doch relativ überschaubaren Region mit intensiven Handelsbeziehungen soll der Monotheismus 2x erfunden worden sein? Möglich natürlich, aber eine Verbindung ist einfach wahrscheinlicher. Nur welche? Was wurde übernommen? War Echnaton nur ein geistiger Anstoß? Oder wurde von einem Anhänger Echnatons der Glaube übermittelt? Gab es vieleicht eine Gruppe im Untergrund und Moses ein Missionar oder ein Flüchtling, der vor den ägyptischen Priestern fliehen musste? Vieleicht mit ein paar Anhämgern? Naja, alles Spekulationen, aber irgendwie noch das interessanteste an den Religionen.
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07.01.2009 18:57 |
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atlana
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ich habs berufsbedingt nicht so mit spekulationen, aber interessant wäre etwas ganz anderes. die wurzeln des antisemitismus liegen in der antike und es gab in hellenistisch-römischer zeit "geschichtsdarstellungen" ebensolcher historiker, die quasi die mosesgeschichte verunglimpfen. da kommt es schon vor, daß man den juden den auszug aus ägypten nicht als befreiungsakt vorwirft, sondern es so dreht, daß der pharao sie rausgeworfen hat, weil sie allesamt aussätzig waren und dergleichen geschmackloses zeug.
moses spielt da natürlich immer eine rolle und hie und da wird er als priester gedeutet. ich schau das morgen nach, welcher autor das war.
aber das sind, was ich doppelt unterstreichen möchte, alles reine spekulationen.
allerdings muß ich auch sagen, daß die doppelte erfindung des monotheismus eigentlich nicht so schräg ist, denn die meisten antiken kulturen hatten doch eine klare tendenz zum hochgottglauben. frei umschrieben nach dem motto "ja, schon klar, daß es viele götter gibt, aber eigentlich sind sie nur formen einer göttlichkeit". Das taucht in der griechischen philosophie sehr früh auf und im ägyptischen raum hat man alle paar zig kilometer weit eine riesige tempelanlage, die den jeweils eigenen gott als "doch ein bißchen cooler" bezeichnet und eine dementsprechende schöpfungsgeschichte drumbastelt. insofern ist aton nur eine logische weiterentwicklung dieses hochgottglaubens und obendrein ein politikum-
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07.01.2009 23:22 |
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atlana
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Ich hab das jetzt nocheinmal nachgesehen – noch unter Pharao Psammetich (590-580 v.) finden sich in Ägypten Tempelanlagen, in denen jüdische Söldner einträchtig Jahu (id es Jahwe) und die zwei Göttinnen Anat-Bethel (die auch außerhalb Ägyptens bekannt ist und auch im judäischen Kernraum verehrt wird, während der Jahwetempel in Jerusalem bereits steht) und Aschim-Bethel (die allerdings nur aus Elephantine bekannt ist) nebeneinander verehren.
Der jüdische Monotheismus ist tatsächlich wesentlich jünger als Echnaton und auch ziemlich labil. Die große redaktionelle Bearbeitung des Pentateuch erfolgte nach dem Exil durch Esra (um 400), die endgültige orthodoxe Fassung legt ohnehin erst die Rabbinenkonferenz von Jamnia fest, die erst nach der Zerstörung des Tempels datiert ist.
Der fiese Schriftsteller, der Moses als ägyptischen Priester definiert, ist Manetho. Er hat im dritten Jahrhundert v. Chr. eine sehr antijudaistische "Geschichte" geschrieben, die bei Flavius Josephus (1. Jhd n. Ch.) überliefert ist. Vereinfacht zusammengefaßt geht es darum, daß die Juden Kranke und Aussätzige sind, die man in die verlassene Hyksoshauptstadt Auaris bringt, wo sie in einem Steinbruch arbeiten müssen. Dort haben sie einen Anführer namens Osarsiph, der im Steinbruch den Namen Moses angenommen haben soll, der dezidiert eigene Riten einführt hat, die zum Teil ägyptische Bräuche lächerlich machen (zb das Verzehren von heiligen Tieren) und den Kontakt zu allen anderen Leuten und Völkern abbricht.
Einmal davon abgesehen, daß man hier eine Synthese antiker und fortlebender antijudaistischer Ideen findet, zeigt das ganz eindeutig, daß die Verbindung mit Ägypten eine herbeigezogene und sehr späte ist.
(Dabei stütze ich mich auf die VO des mittlerweile emeritierten Prof. Kipp, Antisemitismus und Antijudaismus in der jüdischen Welt. Auf die Schnelle hatte ich keine Literatur bei der Hand)
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08.01.2009 12:39 |
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wolfi
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gibt's zur VO ein skript, ein buch oder ne mitschrift?
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08.01.2009 12:53 |
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simplicius
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Daran wäre ich auch sehr interessiert!
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08.01.2009 13:11 |
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atlana
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Es gibt meine eigene Mitschrift, aber kein Skriptum im gedruckten Sinn. Ich kann das abtippen, aber das sind zwei große Hefte, das würde dementsprechend dauern.
gerade habe ich die literaturliste gefgunden. die kann ihc besser abtippen und per email verschicken, wenn das okay ist. ich bräuchte nur die die Adressen.
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08.01.2009 13:33 |
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simplicius
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Ich habe dir eine PN mit meiner Mail-Adresse geschickt.
Allgemein kannst du jedem Benutzer des Forums über sein Benutzerprofil eine PN mit Anhang schicken.
Danke für die Mühe.
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08.01.2009 15:26 |
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atlana
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kein problem.
generell komm ich im forum immer wieder auf interssante dinge drauf, denen ich dann maulwurfsartig nachgraben muß. das ist sehr erfrischend,.
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08.01.2009 15:57 |
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Skeptiker
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Ich habs auch nicht mit Freud. Aber er hat schon etwas eigenartiges entdeckt, sodass man innehalten soll, um die Theorie genauer zu betrachten.
Im alten Orient kam es immer wieder vor, dass man sich die Legitimation zum Regieren gab, nachdem man das alte Königshaus gestürzt hatte, indem man erklärte, man sei aus der Königsfamilei, aber wäre in eine Krippe in einem Fluss ausgesetzt worden. Irgendein böser Verwandter trachtete halt um das Leben und so war es ein letzter Verzweifelter Versuch der Mutter, das Leben des Kindes zu retten. Aber nun wäre ja wieder alles gut und man hat die Legitimation der Götter.
Nun ist es aber bei Moses gerade umgekehrt. Moses kommt aus den jüdischen Slums und wird von der Königsfamilie aufgezogen. Aber er kehrt zu den Juden zurück und führt sie ins gelobte Land. Wenn also normalerweise eine solche Geschichte dazu da ist, sich als Herrscher zu legitimieren, dann ist diese Geschichte eigenartig, denn wer will schon in den Slums etwas sein. Moses hätte als hoher Berater am Hof des Pharao diesen Abstieg nicht gebraucht.
Freud hat nun den Schluss gezogen, dass Moses diese Legitimation brauchte, weil er kein Jude war. Da es Moses ein bedürfnis war den Juden die Eingottanbeteung - der Eingottglaube entwickelte sich erst später, auch wenn es in der Bibel anders steht - nahe zu bringen. Welcher nicht Jude wollte das überhaupt zur damaligen Zeit? Echnaton. Also hat Freud in diese Richtung spekuliert. War Moses Echnaton oder was hatte es damit auf sich?
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07.01.2009 13:29 |
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simplicius
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Echnaton hat nie die Existenz der anderen Götter bestritten. Er hat nur die Position des "Hauptgottes" Aton radikal gestärkt. Ein tatsächlicher Monotheismus wäre gegen die mächtige altägyptische Priesterkaste nie durchzusetzen gewesen.
Zeitlich ist die Parallele zwar naheliegend, aber die vielen Hinweise auf einen zumindest hintergründigen Polytheismus (goldenes Kalb....) sprechen für sich. Die dem Moses zugeschriebenen Bücher wurden auch weit nach den hstorischen Ereignissen geschrieben. Insoferne bin ich in diesem Fall der Meinung, die der von mir nicht geschätzte VP-Politiker Andreas Khol einmal zitierte:
"Die Wahrheit ist eine Tochter der Zeit."
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05.01.2009 23:45 |
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atlana
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eben.
historisch interessanter finde ich allerdings die zt wörtlichen parallelen zwischen einem erhaltenen atonhymnus und dem sonnengesang des franz v assisi (der mit den viechern). das läßt mich fast ein wenig an die jungsche archetypenlehre denken, denn eine überlieferung ist völlig unmöglich.
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06.01.2009 11:02 |
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alvin
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Bekanntlich sind Götterwelten letztlich immer phantastische Widerspiegelungen des Irdischen. Die Ausprägung des Eingottglaubens somit ein Symptom für einen Alleinherrscher. Siehe dazu z.B. Walter Beltz, Gott und die Götter, Aufbau Verlag 1975.
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12.01.2009 17:28 |
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