Freidenker Community
Homepage Zur Startseite Zum Portal Registrierung Suche Mitgliederliste Teammitglieder Häufig gestellte Fragen Dateiablage Linkliste
Freidenker Community » Freidenkerthemen » Philosophie » Der Fall Reinhard St. - Folge des Nihilismus? » Hallo Gast [Anmelden|Registrieren]
Letzter Beitrag | Erster ungelesener Beitrag Druckvorschau | An Freund senden | Thema zu Favoriten hinzufügen
Neues Thema | Antworten
Zum Ende der Seite springen Der Fall Reinhard St. - Folge des Nihilismus?
Beiträge zu diesem Thema Autor Datum
 Der Fall Reinhard St. - Folge des Nihilismus? Pirat Vogel 07.11.2008 23:05
 RE: Der Fall Reinhard St. - Folge des Nihilismus? Skeptiker 08.11.2008 07:54
 RE: Der Fall Reinhard St. - Folge des Nihilismus? hanse 09.11.2008 02:55
 RE: Der Fall Reinhard St. - Folge des Nihilismus? Skeptiker 09.11.2008 12:20

Autor
Beitrag « Vorheriges Thema | Nächstes Thema »
Pirat Vogel
Maturant/in


Dabei seit: 18.09.2008
Beiträge: 62
Herkunft: Graz-Umgebung

Der Fall Reinhard St. - Folge des Nihilismus? antworten | zitieren | ändern | melden       TOP

Heute wurde Reinhard St. wegen fünffachen Mordes zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Er hatte im Mai dieses Jahres seine Frau, seine Tochter, seine Eltern und seinen Schwiegervater mit der Axt getötet.

Sein Motiv: Er hatte an der Börse 200.000 Euro verspekuliert, und wollte seiner Familie diese Schmach ersparen. Nennenswert ist, dass sich der Angeklagte schon seit Jahren mit nihilistischer Philosophie beschäftigte.

Zitat aus der "Kleinen Zeitung":
Zitat:
Mit der düsteren Welt des Arthur Schopenhauer hat sich St. seit 20 Jahren beschäftigt, auch mit Nietzsche und dem Nihilisten Emil Cioran. "Es ist besser, überhaupt nicht geboren worden zu sein", zitiert St. den rumänischen Philosophen. In Schopenhauers "Jammertal" könne man lesen, dass "der Tod das bessere Leben" sei.
[...]
"Ihr Motiv? Erklären Sie uns bitte Ihr Motiv?", fordert ihn der Richter auf, und ein langer Monolog sollte folgen.

"Das Leben ist sinnlos, das ist das Entscheidende", gibt Reinhard St. einen Einblick in seine dunklen Gedanken, "es ist eine Krankheit. Das Leben an sich ist die Krise. Wenn es unangenehm wird, besteht keine Notwendigkeit, dieses Leben auf sich zu nehmen." Nie wollte er ein Kind in die Welt setzen, "aber es ist eben passiert". Immer, wenn er auf seine Tochter zu sprechen kommt, stockt er und beginnt hemmungslos zu weinen. "Sie war ein extrem liebes Kind . . ." - Aber warum die Säge? Er zögert, "das Leben ist ihr nicht zumutbar gewesen".

Weil das Kind sterben musste, musste auch die Mutter sterben. "Ich konnte sie nicht zurücklassen, ihr Schmerz wäre zu groß gewesen." Deshalb mussten auch die Eltern sterben und der Schwiegervater, "der Tod war der Ausweg".


http://www.kleinezeitung.at/nachrichten/...620665/index.do

Mir kamen da einige Gedanken, die ich mal versuche, hier zu formulieren.

Als erstes einmal muss man sagen, dass man den genannten Philosophen natürlich keinerlei Verantwortung für diese Bluttat in die Schuhe schieben kann, ebensowenig, wie man Karl Marx für die Verbrechen des Kommunismus verantwortlich machen kann.

Ich behaupte einmal, dass ich mit Nihilismus nichts anfangen kann. Die Philosophie von Nietzsche und Schopenhauer erscheint mir einfach nur unsympathisch. Ich bin mehr ein Anhänger des epikureischen Hedonismus.

Ich muss aber zugeben, dass ich mich vielleicht auch zu wenig damit befasst habe, um ein Urteil abgeben zu können. Darum stell ich mal eine provokante Frage an alle, die da ein wenig mehr Hintergrundwissen haben: Taugt der Nihilismus zu irgendwas? Oder macht er nur Psychopathen?

__________________
Einladung zum Biervulkan: http://einladungzumbiervulkan.at
07.11.2008 23:05 Offline | Homepage | suchen | Freundesliste | Portal
Skeptiker Skeptiker ist männlich
Professor/in+


images/avatars/avatar-138.gif

Dabei seit: 27.09.2007
Beiträge: 1.137
Herkunft: Wen interessiert´s?

RE: Der Fall Reinhard St. - Folge des Nihilismus? antworten | zitieren | ändern | melden       TOP

Zitat:
Original von Pirat Vogel

Mir kamen da einige Gedanken, die ich mal versuche, hier zu formulieren.

Als erstes einmal muss man sagen, dass man den genannten Philosophen natürlich keinerlei Verantwortung für diese Bluttat in die Schuhe schieben kann, ebensowenig, wie man Karl Marx für die Verbrechen des Kommunismus verantwortlich machen kann.


Vereinzelte Psychopathen können eine Philosophie sicher nicht desavoieren, aber bei Massenphänomenen will ich die Philosphen nicht so schnell frei sprechen. Zu viele unmenschliche Systeme haben sich gebildet und zu hartnäckig haben sie sich gehalten.

Ich diagnostiziere, dass sich die Philosophen des Kommunismus ebenso wie die Religionen unbedingt eine absolute Ethik geben wollten, indem sie sich von der Natur ableiten. Der erste Gedanke, "nur" sozial sein zu wollen, wurde vom Gedanken, einen höheren Auftrag zu erfüllen, überlagert. Unmenschlichkeit wird gerechtfertigt, indem man sich auf ein höheres Ziel beruft.

Marx war m. E. noch nicht so von diesem Gedanken verseucht, aber Engels brachte ihn in die Marx´sche Philosophie und Lenin und Stalin waren voll auf diesem Trip.

Zitat:
Original von Pirat Vogel
Ich behaupte einmal, dass ich mit Nihilismus nichts anfangen kann. Die Philosophie von Nietzsche und Schopenhauer erscheint mir einfach nur unsympathisch. Ich bin mehr ein Anhänger des epikureischen Hedonismus.


Ich das ganz nachvollziehen. Jedoch nicht der Grundgedanke, dass es keine höhere Rechtfertigung für eine Ethik gibt stößt mich ab - ganz im Gegenteil, dass ist das positive daran! - aber dieser pessimistischen Einstellung die der Nihilismus an den Tag legt, kann ich nichts abgewinnen.

Beim Hedonismus muss ich noch anmerken, dass ich ihn nicht (nur) wie die unsere kinderfreundlichen Zeitgenossen als ungezügelten Sex verstehe. Zum hedonismus gehürt nicht nur Sex, sondern auch Genuss und Spaß. Es ist bezeichnend, dass die Religiösen auch gegen Genuss uns Spaß eingestellt sind.

__________________
Zweifel schützt vor Lügen
08.11.2008 07:54 Offline | EMail | suchen | Freundesliste | Portal
hanse
Bakkalaureus


Dabei seit: 21.09.2008
Beiträge: 136
Herkunft: Österreich

RE: Der Fall Reinhard St. - Folge des Nihilismus? antworten | zitieren | ändern | melden       TOP

Zitat:
Original von Skeptiker
Zitat:
Original von Pirat Vogel

Mir kamen da einige Gedanken, die ich mal versuche, hier zu formulieren.

Als erstes einmal muss man sagen, dass man den genannten Philosophen natürlich keinerlei Verantwortung für diese Bluttat in die Schuhe schieben kann, ebensowenig, wie man Karl Marx für die Verbrechen des Kommunismus verantwortlich machen kann.


Vereinzelte Psychopathen können eine Philosophie sicher nicht desavoieren, aber bei Massenphänomenen will ich die Philosphen nicht so schnell frei sprechen. Zu viele unmenschliche Systeme haben sich gebildet und zu hartnäckig haben sie sich gehalten.

Das ähnelt imho der Frage ob man die Erfinder der Kernspaltung für die Atombombenabwürfe verantwortlich machen kann.

Zum Rest kann ich nicht wirklich einen Kommentar abgeben bin da noch zu unwissend. Ich lese aber gern mit und würde mich Freuen wen es zu einem anregenden Diskurs kommen würde. smile

__________________
Analogien schwammen Fettaugen gleich an der Oberfläche der mentalen Suppe. - Terry Pratchett Voll im Bilde S.216
09.11.2008 02:55 Offline | EMail | Homepage | suchen | Freundesliste | ICQ | MSN | Portal
Skeptiker Skeptiker ist männlich
Professor/in+


images/avatars/avatar-138.gif

Dabei seit: 27.09.2007
Beiträge: 1.137
Herkunft: Wen interessiert´s?

RE: Der Fall Reinhard St. - Folge des Nihilismus? antworten | zitieren | ändern | melden       TOP

Zitat:
Original von hanse
Das ähnelt imho der Frage ob man die Erfinder der Kernspaltung für die Atombombenabwürfe verantwortlich machen kann.

Ich kenne die Denkweise von der Verantwortung der Wissenschaftler. Aber ich bin der Meinung, dass jede Erfindung auch gewalttätig verwendet werden kann. Wenn jedoch ein Ideologe oder Theologe sich eine Weltanschauung ausdenkt, die den Menschen nicht im Mittellpunkt hat, dann führt das unweigerlich zur Rechtfertigung von Unmenschlichkeit. Dann müssen Menschen leiden (manchmal bis zum Tod) für ein Vaterland, für die Reinhaltung des Erbgutes, für die Freiheit des Marktes, für eine klassenlose Gesellschaft oder für Gott.

Die Religions- und Ideologiegründern trifft m. e. die volle Verantwortung für ihre geistigen Kinder.

Die Wissenschaftler trifft nur dann die Verantwortung, wenn sie unmittelbar an einer Waffe arbeiten. Den Erfindern des Flugzeuges würde ich keine Verantwortung an den Opfern der Militärflugzeuge geben. Aber jene Entwickler, die die Bomber, Abfangjäger usw. entworfen und gebaut haben, haben die volle Verantwortung. Und das trifft vor allem auf die Entwickler von Atombomben zu.

__________________
Zweifel schützt vor Lügen
09.11.2008 12:20 Offline | EMail | suchen | Freundesliste | Portal
Baumstruktur | Brettstruktur
Gehe zu:
Neues Thema | Antworten
Freidenker Community » Freidenkerthemen » Philosophie » Der Fall Reinhard St. - Folge des Nihilismus?

Forensoftware: Burning Board 2.3.6, entwickelt von WoltLab GmbH | Impressum