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Zum Ende der Seite springen Der Faschist in mir?
Beiträge zu diesem Thema Autor Datum
 Der Faschist in mir? mohammad 10.03.2008 21:44
 RE: Der Faschist in mir? demophilo 11.03.2008 00:45
 RE: Der Faschist in mir? mohammad 11.03.2008 10:39
 RE: Der Faschist in mir? demophilo 11.03.2008 11:28
 RE: Der Faschist in mir? hexibrati 11.03.2008 08:59
 RE: Der Faschist in mir? mohammad 11.03.2008 17:48
 RE: Der Faschist in mir? demophilo 11.03.2008 21:38
 RE: Der Faschist in mir? hexibrati 12.03.2008 21:58
 RE: Der Faschist in mir? mohammad 13.03.2008 08:06
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 RE: Der Faschist in mir? mohammad 17.03.2008 21:49
 RE: Der Faschist in mir? hexibrati 18.03.2008 08:31
 RE: Der Faschist in mir? demophilo 15.03.2008 10:43
 RE: Der Faschist in mir? rabe josef 13.03.2008 21:27
 RE: Der Faschist in mir? mohammad 13.03.2008 22:25
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 RE: Der Faschist in mir? mohammad 12.03.2008 22:09
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mohammad
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Ich würde gerne ein Thema zur Diskussion stellen, das mich sehr beschäftigt und das bei vielen Menschen –gelinde gesagt- Unbehagen auslösen könnte.

Das Milgram-Experiment (siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Milgram-Experiment") in den Sechzigern hat Erschreckendes zutage gefördert, dass nämlich jeder Mensch, durch die richtige Dosierung von autoritären Vorgaben einerseits und das Vorhandensein eines Opfers, mit sehr einfachen Mitteln und ohne vorherige, jahrelange (jahrzehntelange) Indoktrinierung, dazu gebarcht werden kann, anderen Menschen, die er gar nicht kennt, Schmerzen zuzufügen.

Zweifellos steckt in jedem Menschen ein Gewaltpotenzial, auch und gerade gegen Menschen, die sich nicht wehren können. Das Milgram-Experiment fand ja nicht in einer Diktatur statt, die Probanden standen unter keinem äußeren Druck oder jahrelanger Propaganda.

Die meisten von uns sind aber soweit sozialisiert, dass sie dieses Potenzial nicht ausbrechen und die Herrschaft über sich übernehmen lassen.
Ist es aber auch möglich, dass jeder von uns etwas Faschistoides in sich birgt?
Und darüberhinaus: Ist es möglich, dass ein „kleiner“ Mengele in jedem von uns steckt?
Es ist ja bekannt, dass selbst die größten NS-Verbrecher keine Monster, sondern Menschen mit menschlichen Schwächen und Stärken waren. Heinrich Himmler hat beispielsweise die Jagd als zu grausam abgelehnt! Wie konnte derselbe Mensch hemmungslos an den Tod von Millionen Menschen mitwirken?

Natürlich haben die Nationalsozialisten –wie in jeder andere Dikatur auch– ihre Opfer als „Unmenschen“ und „Ungeziefer“ bezeichnet, um sie dadurch zu entmenschlichen, womit sie die Menschen dazubringen konnten, ihre jüdischen Nachbarn zu verunglimpfen, zu denunzieren und schließlich selbst Hand anzulegen. Die große Masse schwieg und schweigt heute noch; bestenfalls mit der Bemerkung, man habe ja nichts davon gewusst.

Aber ein Himmler oder ein Eichmann wussten ja ganz genau, was sie taten, sie kannten ja alle grausamen Details und sie mussten nicht überzeugt werden, sie erfanden ja selbst die sog. „Endlösung“.

Was hätten wir –Nachgeborene- in dieser Zeit gemacht? Wären wir Mitläufer? Täter? Widerstandskämpfer?

Man sehe sich zB auch den großen Humanisten Stefan Zweig an, der sich bei Ausbruch des ersten Weltkrieges freiwillig (sic!) zum Militär meldete. Erst nach einigen Monaten wurde er mehr und mehr zum Kriegsgegner!
Kann man solche Dinge einfach mit den Gegebenheiten jener Zeit erklären?
10.03.2008 21:44 Offline | EMail | suchen | Freundesliste | Portal
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RE: Der Faschist in mir? antworten | zitieren | ändern | melden       TOP

Das ist eine alte Frage - ist der Mensch grundsätzlich gut oder grundsätzlich schlecht?

Der konfuzianistische Philosoph Mengzi meinte grundsätzlich gut, aber der Mensch könne auf die "schiefe Bahn" geraten und schlecht werden. Aber durch lernen (damit sind natürlich die konfuzianistischen Texte gemeint) könne man das verhindern.

Yunzi, der nach Kongzi und Mengzi dritte "Weise" des Konfuzianismus meinte, dass die Menschen prinzipiell schlecht seinen, aber durch lernen (natürlich wieder die konfuzianischen Texte) könne jeder zu einem moralisch herausragenden Menschen werden.

Obwohl ich kein Anhänger des Konfuzius (der Ehrenname von Kongzi) bin, meine ich, hier etwas Wahres zu erkennen. Es ist nicht wichtig, ob wir alle schlecht oder gut sind von Anbeginn, sondern dass wir ethisch hochstehende Menschen werden können.

Jedoch sind die konfuzianischen Schriften ebenso wenig geeignet wie die Bibel, obwohl ich mehr Achtung vor ihnen habe, als vor Bibel, Koran oder Thora. Man kann die Achtung und den respektvollen Umgang mit den anderen sehr wohl lernen, so wie man ihn verlernen und verdrängen kann.

Darüber hinaus müssen alle Menschen darauf achten, dass niemand so viel Macht hat, dass er nicht mehr zu stoppen ist. Denn uns muss klar sein, dass nur der Mensch einen Menschen Paroli bieten kann. Es gibt keinen Gott, der sich um Tyrannen und Massenmörder kümmert. Daher bin ich, und ich denke, dass ich für alle Freidenker spreche, für die Universalität der Menschenrechte. Kein Tyrann soll die Ausrede haben, dass ihn niemand richten kann, weil dass damals so Gesetz war in seinem souveränen Land. Wenn jemand ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit (richtige Übersetzung wäre Verbrechen gegen die Menschheit) macht, so soll er wissen, dass eines Tages ein Prozess "er gegen die Menschheit" statt findet. Die Nürnberger Prozesse waren ein Anfang. Die Prozesse wegen Völkermord in Ruanda waren, wegen Völkermord in Jugoslawien und wegen Völkermord gegen Sadam Hussein waren ein paar weiterführende Ansätze.

Weiter so, wir dürfen nicht locker lassen, denn wie du dargelegt hast, können wir uns nicht auf erreichte Lorbeeren ausruhen. Die Milgramexperimente sind Fakt, aber kein Schicksal.

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11.03.2008 00:45 Offline | EMail | suchen | Freundesliste | Portal
mohammad
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Themenstarter Thema begonnen von mohammad
RE: Der Faschist in mir? antworten | zitieren | ändern | melden       TOP

Zitat:
Original von demophilo
Das ist eine alte Frage - ist der Mensch grundsätzlich gut oder grundsätzlich schlecht?


Ich glaube, dass der Mensch eben nicht grundsätzlich gut oder böse ist, sondern, dass niemand davor gefeit ist, die schönen, ethischen Grundsätze über Bord zu werfen und Böses zu tun.
Ich wollte eben darauf hinweisen, dass wir uns nicht vormachen dürfen, solche Dinge würden uns (oder mir) nicht passieren. Ich rede nicht von der Menschheit, sondern von einzelnen Menschen. Wir tragen den Keim des Bösen in uns und jeder von uns muss (private) Strategien entwickeln, damit dieser Keim nicht aufgeht.
Ich habe aber keine Ahnung, wie das gehen soll. Wahrscheinlich ist diese Strategie für jeden Menschen eine Andere: Ob Bildung, liebevolle Umgebung, Aufklärung (im Besten Sinne) und und ....

Zitat:
Original von demophilo
Die Milgramexperimente sind Fakt, aber kein Schicksal.


Schicksal gibt es ohnehin nicht, denn das würde einen planenden Gottwesen voraussetzen.

Du verweist richtigerweise auf diverse Völkermordprozesse. Diese waren und sind äußerst wichtig und Balsam für die Seele. Darf ich aber auch an die vielen Nicht stattgefundenen Prozesse erinnern?
11.03.2008 10:39 Offline | EMail | suchen | Freundesliste | Portal
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RE: Der Faschist in mir? antworten | zitieren | ändern | melden       TOP

Zitat:
Original von mohammad
Zitat:
Original von demophilo
Das ist eine alte Frage - ist der Mensch grundsätzlich gut oder grundsätzlich schlecht?


Ich glaube, dass der Mensch eben nicht grundsätzlich gut oder böse ist, sondern, dass niemand davor gefeit ist, die schönen, ethischen Grundsätze über Bord zu werfen und Böses zu tun.
Ich wollte eben darauf hinweisen, dass wir uns nicht vormachen dürfen, solche Dinge würden uns (oder mir) nicht passieren. Ich rede nicht von der Menschheit, sondern von einzelnen Menschen. Wir tragen den Keim des Bösen in uns und jeder von uns muss (private) Strategien entwickeln, damit dieser Keim nicht aufgeht.
Ich habe aber keine Ahnung, wie das gehen soll. Wahrscheinlich ist diese Strategie für jeden Menschen eine Andere: Ob Bildung, liebevolle Umgebung, Aufklärung (im Besten Sinne) und und ....


Es ist auch nicht meine Meinung, dass der einzelne Mensch oder die Menschheit als ganzes in eine Richtung vorgeprägt ist. Aber ich wollte zeigen, dass es eigentlich für den Lösungsansatz egal ist. Man kann und muss an sich arbeiten.

Aber wenn man an sich arbeitet, hat man ja schon den Weg in eine Richtung beschritten. Die Entscheidung ist schon gefallen. Ethik will jedoch Gründe für die Entscheidung angeben. Religionen verweisen auf etwas Übernatürliches, Ideologien auf die Natur als eine zusätzliche Person. Der dritte Weg ist der Weg des Humanismus. Alle Menschen müssen gemeinsam zusammenwirken. Dieser Ansatz ist den Religionen und Ideologien entgegengestellt, denn persönliche also private Freiheiten werden nicht eingeschränkt. Es gibt keine Sünden. Aber wenn andere Menschen involviert sind, dann kommt der Humanismus zu tragen. Wenn jemand anderen Schaden zufügt, dann ist es kein Gott der straft oder eine Natur die zurückschlägt, sondern es sind die Menschen gefragt zu handeln.

Ein weiteres Merkmal ist die Autonomie des Menschen. Sie ist im Humanismus ein hohes Gut, bei Religionen und Ideologien aber eher etwas zu Überwindendes.

Zitat:
Original von mohammad
Zitat:
Original von demophilo
Die Milgramexperimente sind Fakt, aber kein Schicksal.


Schicksal gibt es ohnehin nicht, denn das würde einen planenden Gottwesen voraussetzen.

Du verweist richtigerweise auf diverse Völkermordprozesse. Diese waren und sind äußerst wichtig und Balsam für die Seele. Darf ich aber auch an die vielen Nicht stattgefundenen Prozesse erinnern?

Ja, darfst du. Aber darf ich erinnern, dass wir wirklich erst am Anfang stehen, die Menschenrechte grenzüberschreitend zu verstehen?

Wir dürfen also optimistisch sein.

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11.03.2008 11:28 Offline | EMail | suchen | Freundesliste | Portal
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RE: Der Faschist in mir? antworten | zitieren | ändern | melden       TOP

Ich habe dieses Thema schon einmal anschneiden wollen ("wohin entwickeln wir uns?") - bzw. ist das immer wieder mein Lieblingsthema: ab welchem Preis, bei welchem Druck wird man zum Täter.

Im Yugoslawienkrieg hat es Männer gegeben, die wurden von ihren Vorgesetzten dazu gezwungen, Frauen zu vergewaltigen.
Es beunruhigt micht sehr, dass Männer so etwas können.
Ich meine das jetzt nicht männerfeindlich oder anschuldigend. Es gibt auch Mütter, die die Beschneidung ihrer Töchter selbst durchführen.
Wie ist es möglich? Wie ist es, heute Nachbar zu sein - und morgen der Täter, der das Haus des Nachbarn anzündet?

Die Menschheit hat hier durchaus etwas entwickelt, was sie vom Tier unterscheidet, nämlich die Folter. Folter ist die Königsdisziplin der Gewaltanwendung geworden.

Und was passiert? Die Folter setzt sich durch.

Das stimmt mich definitiv pessimistisch.

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11.03.2008 08:59 Offline | suchen | Freundesliste | Portal
mohammad
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Zitat:
Original von hexibrati
Die Menschheit hat hier durchaus etwas entwickelt, was sie vom Tier unterscheidet, nämlich die Folter. Folter ist die Königsdisziplin der Gewaltanwendung geworden.
Und was passiert? Die Folter setzt sich durch.
Das stimmt mich definitiv pessimistisch.


Ich gebe Dir recht, was die Folter anbelangt, ABER...
Wie auch demophilo weiter oben (in einem anderen Zusammenhang) schreibt, besteht auch durchaus Anlass (vorsichtig) optimistisch zu sein. smile
Denn man darf ja nicht vergessen, dass erstens die Aufklärung höchstens 200 jahre alt ist und wir Menschen in dieser Zeit doch Einiges zu Wege gebracht haben. Vieles ist natürlich noch - milde ausgedrückt- stark "verbesserunswürdig".
Und zweitens müssen wir als Menschen nicht nur auf die kleinen und großen Verbrechen unserer Artgenossen hinweisen, sondern auch auf Bach, Einstein, Kepler, Kopernikus, Darwin, Kant, Freud, Zweig, Beethoven, Goethe, Schiller, Chaplin, undundund.... Auf diese Zweischneidigkeit wollte ich im Endeffekt hinaus, glaube ich.

Dass Du hier in diesem Forum so engagiert schreibst, zeigt mir aber auch, dass auch Du die Menschheit noch nicht ganz aufgegeben hast, oder?
11.03.2008 17:48 Offline | EMail | suchen | Freundesliste | Portal
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Zitat:
Original von mohammad

Denn man darf ja nicht vergessen, dass erstens die Aufklärung höchstens 200 jahre alt ist und wir Menschen in dieser Zeit doch Einiges zu Wege gebracht haben. Vieles ist natürlich noch - milde ausgedrückt- stark "verbesserunswürdig".


Und in den ersten 100 Jahren war Aufklärung eher elitär. Breite Anerkennung bekam sie erst im 20. Jh. Uns kommt es wie ein Stillstand vor und man hat sogar das Gefühl, dass es schlechter wird, aber wir werden erst in ein paar Jahrzehnten sehen, was wirklich passiert ist in unserer Lebenszeit.

Unsere Generation hat die Kriegsgeneration gefragt, was sie gemacht haben in der Nazizeit. Müssen wir uns auch vielleicht einmal dieser Frage stellen? Was wir gegen die Bedrohungen unserer Zeit gemacht haben?

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11.03.2008 21:38 Offline | EMail | suchen | Freundesliste | Portal
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Zitat:
Original von mohammad
Dass Du hier in diesem Forum so engagiert schreibst, zeigt mir aber auch, dass auch Du die Menschheit noch nicht ganz aufgegeben hast, oder?


Wenn ich ganz ehrlich bin, muss ich Dich enttäuschen.
Eigentlich glaube ich nicht daran, dass sich "die Menschheit" auf Dauer durchsetzen wird - schon gar nicht, wenn man neben der absolut einzigartigen Aggressivität, die diese Spezies kennzeichnet (und die sich vorzugsweise gegeneinader richtet), auch noch den rücksichtslosen Umgang mit überlebensnotwendigen Ressourcen betrachtet.
Unser Menschen-Pech ist, dass wir das ganze auch noch reflektieren können, was nicht gerade Glücksgefühle mit sich bringt. (Ich habe sehr oft den Eindruck, dass Menschen, die sich keine Gedanken machen - egal worüber - einfach glücklicher sind.)

Ich halte gar nichts von "der Aufklärung", solange in Amerika "water-boarding" keine Folter ist, solange der Kreationismus eine größer werdende Anhängerschaft findet (wo Biologen sogar anhand der Bodenschichtungen den Beweiß für die Sintflut zu finden im Stande sind), solange es Exorzisten gibt und Burkas. Die ""Aufklärung" wäre uns ganz Recht - sowas wie der Lichtstreif am Horizont - aber ist sie das wirklich? Ist sie nicht schon wieder "out"?

Aber: Pessimisten (wie ich) habens gut: es kann nur besser werden.

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12.03.2008 21:58 Offline | suchen | Freundesliste | Portal
mohammad
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Beispiel 1:
1509 hat Kopernikus seine Theorie von der Sonne als Mittelpunkt der Planetenkreise und der durch die Drehung der Erde scheinbaren Bewegung der Fixsterne aufgestellt.
Dabei nahm er fälschlicherweise an, dass die Gestirne Kreisbahnen um die Sonne beschreiben. Und er konnte diese Theorie auch nicht beweisen.

Jetzt könnte ich sagen, ich halte gar nichts von dieser Theorie, denn sie ist ja falsch gewesen und er hätte sie ja außerdem nicht beweisen können. Außerdem soll es ja noch heute Menschen geben, die die -grundsätzliche- Richtigkeit des heliozentrischen Modells leugnen.
Damit würde ich aber seine bahnbrechende Theorie, die nebenbei, jahrtausende alte Dogmen in Frage stellte, schmälern.


Beispiel 2:
Hin und wieder nehme ich ein Medikament, das flg. Nebenwirkungen (lt. Beipackzettel) haben kann:
- allergische Hautreaktionen,
- Blutbildveränderung durch Störung der Knochmarkfunktion,
- etc. usf.

Soll ich das nächste Mal meinem Arzt mitteilen, ich halte gar nichts von diesem Mittel, denn ich könnte weitaus gefährlichere Krankheiten davon bekommen?

Du verstehst sicher, was ich meine.
Dass die Aufklärung in weiten Teilen der Welt nicht stattgefunden hat, ist -leider- eine Tatsache, aber keine Vorsehung.

Dass „der Kreationismus eine größer werdende Anhängerschaft findet“, halte ich für Dein subjektives Gefühl.
Gäbe es die Aufklärung nicht und würden nicht immer mehr Menschen den Religionen (inkl. der politischen Religionen) gegenüber skeptischer werden, müssten Leute wie Hr. Schönborn sich nicht beeilen, um den sog. „intelligent design“ zu erfinden! (Ich habe keine Ahnung, was DARAN intelligent sein soll)

Zitat:
Original von hexibrati
(Ich habe sehr oft den Eindruck, dass Menschen, die sich keine Gedanken machen - egal worüber - einfach glücklicher sind.)


Das mag wohl sein; angeblich hat ja einer mal auf einem Berg gepredigt: „Selig die Armen im Geiste, denn ihrer ist das Himmelreich!“, oder wie mal Darwin geschrieben hat: "Unwissenheit erzeugt viel häufiger Sicherheit, als es das Wissen tut".
Aber ich glaube, dass niemand, der einmal gelernt hat, zu zweifeln und zu suchen, wieder davon Abstand nehmen kann.
13.03.2008 08:06 Offline | EMail | suchen | Freundesliste | Portal
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Zitat:
Original von mohammad
Soll ich das nächste Mal meinem Arzt mitteilen, ich halte gar nichts von diesem Mittel, denn ich könnte weitaus gefährlichere Krankheiten davon bekommen?


das ist leider das täglich brot in der arztpraxis. glaub´s mir.
ich hatte da einmal so einen netten "hägar, der schreckliche":
häger sitzt bei seinem arzt. dieser sagt: "hägar, du hast eine ganz schlimme, eitrige mandelentzündung." darauf sagt hägar: "doktor, ich möchte dazu eine zweite meinung einholen." darauf sagt der arzt: "ok: hägar, du hast keine ganz schlimme eitrige mandelentzündung."


Zitat:
Original von mohammad
Aber ich glaube, dass niemand, der einmal gelernt hat, zu zweifeln und zu suchen, wieder davon Abstand nehmen kann.


gab´s da nicht so eine geschichte mit einem liebespaar, einer schlange und einem "baum der erkenntnis-apfel"?

lang, lang ist´s her...

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15.03.2008 20:25 Offline | suchen | Freundesliste | Portal
mohammad
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Themenstarter Thema begonnen von mohammad
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Zitat:
Original von hexibrati
gab´s da nicht so eine geschichte mit einem liebespaar, einer schlange und einem "baum der erkenntnis-apfel"?

lang, lang ist´s her...


Das passiert eben, wenn man Geschenke von fremden Schlangen annimmt! Lachen
Aber dass Adam+Eva ein "Liebespaar" waren, ist mir neu. Ich denke, ihre Wahlmöglichkeiten waren doch sehr eng begrenzt. lachmitot
15.03.2008 23:16 Offline | EMail | suchen | Freundesliste | Portal
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Naja, Eva hätte durchaus die Schlange wählen können.

Wir wissen ja schließlich nichts genaues über Adams Körperbau... lachmitot

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16.03.2008 18:18 Offline | suchen | Freundesliste | Portal
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weis wer wie es weitergegangen ist. Wenn wir lt. Religion von den beiden anstammen, haben wir eine komplette Inzucht?
17.03.2008 12:04 Offline | EMail | suchen | Freundesliste | Portal
mohammad
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Zitat:
Original von friedrichm
weis wer wie es weitergegangen ist. Wenn wir lt. Religion von den beiden anstammen, haben wir eine komplette Inzucht?


Das würde mich auch interessieren, siehe: Adam und Eva
17.03.2008 21:49 Offline | EMail | suchen | Freundesliste | Portal
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wir sind ausgestorben. wißt ihr das denn nicht mehr?
alles, was jetzt ist, ist nur eine fehlermeldung im äther. Happy

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18.03.2008 08:31 Offline | suchen | Freundesliste | Portal
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Zitat:
Original von hexibrati
Aber: Pessimisten (wie ich) habens gut: es kann nur besser werden.

Was ist der Unterschied zwischen einem Optimisten und einem Pessimisten?



Der Optimist sagt: "Wir leben in der besten aller Welten!"
Der Pessimist sagt: "Das fürchte ich auch!"

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15.03.2008 10:43 Offline | EMail | suchen | Freundesliste | Portal
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Zitat:
Original von mohammad

Denn man darf ja nicht vergessen, dass erstens die Aufklärung höchstens 200 jahre alt ist und wir Menschen in dieser Zeit doch Einiges zu Wege gebracht haben. Vieles ist natürlich noch - milde ausgedrückt- stark "verbesserunswürdig".
Und zweitens müssen wir als Menschen nicht nur auf die kleinen und großen Verbrechen unserer Artgenossen hinweisen, sondern auch auf Bach, Einstein, Kepler, Kopernikus, Darwin, Kant, Freud, Zweig, Beethoven, Goethe, Schiller, Chaplin, undundund


Schon richtig. Aber machen wir z.B. einen Blick ins antike Griechenland. Da gab es Philosophie, Kunst und Kultur in vielen Erscheinungsformen. Auch hier könnte man eine Liste von genialen Köpfen anführen. Und wie lange ist das her!! Hat sich das humanistische Potential der Menschheit seither wirklich weiterentwickelt? Ich für meinen Teil bin mir nicht sicher, ob ich Optimist oder Pessimist sein soll. Niveauvoller Humanismus mancherorts schon vor 2000 Jahren, Naziterror bis vor 63 Jahren, Genozid in Afrika vor wenigen Jahren, religiöse Unterdrückung, Krieg und Folter noch heute.........
13.03.2008 21:27 Offline | suchen | Freundesliste | Portal
mohammad
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Themenstarter Thema begonnen von mohammad
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Es ging mir nicht nur um Kunst und Kultur. Diese sind ja zum Glück sogar noch älter als die antiken Griechen.
Ich meinte vielmehr den geistigen "Emanzipationsprozess".
Die alten Griechen hatten ja auch Götterglaube=Aberglaube.

Der "aufgeklärte Mensch" hält sich nicht mehr an Götter, nicht an Obrigkeit, nicht an Mode, sondern ist selbstbestimmt.

Man darf natürlich die Augen nicht verschließen und meinen, alles werde/sei gut. Die andere Seite der Medaille ist leider die Shoa, der Völkermord an Armeniern, Steinigungen, Genitalverstümmelung, Unterdrückung, Krieg ...

Zitat:
Original von rabe josef
Ich für meinen Teil bin mir nicht sicher, ob ich Optimist oder Pessimist sein soll.


Sicher bin ich mir natürlich auch nicht. Ich bin oft beides. smile
13.03.2008 22:25 Offline | EMail | suchen | Freundesliste | Portal
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Du wirfst mit deiner Frage nach unserem includierten Faschisten eine Reihe von Überlegungen auf, die mir immer wieder Mühe bereiten.

Zitat:
Zweifellos steckt in jedem Menschen ein Gewaltpotenzial


Muß ich bejahen, ist auch in mir, ist grundsätzlich nicht negativ. Ich bin friedfertig, aber nicht wehrlos pazifistisch.
Als Erklärung vielleicht: Ich würde niemals einen Streit beginnen, mit der Absicht einem Mitmenschen Gewalt anzutun. Für den Fall, ein Mitmensch bedroht meine Familie mit Gewalt, sehe kein Problem diese Gefahr von meiner Familie mit allen Mitteln abzuwenden.

Zitat:
auch und gerade gegen Menschen, die sich nicht wehren können


siehe oben, körperliche Gaewalt ist nicht die einzige, bemühe mich geistige oder intelektuell nicht wehrhafte Menschen sorgsam zu behandeln

Zitat:
Natürlich haben die Nationalsozialisten –wie in jeder andere Dikatur auch– ihre Opfer als „Unmenschen“ und „Ungeziefer“ bezeichnet, um sie dadurch zu entmenschlichen, womit sie die Menschen dazubringen konnten, ihre jüdischen Nachbarn zu verunglimpfen, zu denunzieren und schließlich selbst Hand anzulegen.


Die faschistische Verführung beinhaltet die Vorgabe von Ansichten, die das selbständige Denken mit möglich einfachen Lösungen für politische und soziale Probleme unterwandern. Zudem wird ein leicht identifzierbares Feindbild geschaffen, dem zusäztlich die Schuld an allem echtem oder gepushten Problemen in die Schuhe geschoben wird.

Zitat:
Was hätten wir –Nachgeborene- in dieser Zeit gemacht? Wären wir Mitläufer? Täter? Widerstandskämpfer?


Diese Frage zwingt mich zu einer Stufe der Selbsterkenntnis, der ich mich nur ungern aussetze.

Ich bin mir sicher kein Täter zu sein

Ab welchen Zeitpunkt ich gemerkt hätte, daß die anfänglichen Erleichterungen des täglichen Lebens in der damaligen Zeit, mit Strömen von Blut erkauft werden, kann ich nicht nicht beurteilen. Im Gespräch mit meinen Eltern, konnte ich auch nicht herauskriegen, wie es ihnen in der tatsächlichen Situation ergangen ist.
Wenn Mitläufer bedeutet, ab dem Zeitpunkt, in dem die Macht der Faschisten so groß war, daß ein Aufbegehren dagegen, Gefahr für mein eigenes Leben oder daß meiner Familie bedeutet hätte, bin ich den Mitläufern zuzuordnen.

Jedoch kann ich behaupten, daß ich niemals die Situation genützt hätte, durch Denunziation mich an irgendeinem anderem Menschen, mir einen Vorteil zu verschaffen oder mich zu bereichern.

In meiner Jugend war ich mir sicher, ich hätte Widerstand geleistet, mit zunehmenden Alter bin ich mir meines Mutes nicht mehr so gewiss.

Das mein Großvater wegen seiner Nähe zur Arbeiterbewegung in den Steyr-Werken durch fast ganz Europa flüchten musste, macht meine ethische Nabelschau nicht leichter.
12.03.2008 20:01 Offline | EMail | suchen | Freundesliste | Portal
mohammad
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Themenstarter Thema begonnen von mohammad
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Zitat:
Original von friedrichm
Du wirfst mit deiner Frage nach unserem includierten Faschisten eine Reihe von Überlegungen auf, die mir immer wieder Mühe bereiten.


Das war der Sinn des Beitrages. Augenzwinkern

Zitat:
Original von friedrichm
Für den Fall, ein Mitmensch bedroht meine Familie mit Gewalt, sehe kein Problem diese Gefahr von meiner Familie mit allen Mitteln abzuwenden.


Ich denke, es gibt einen unterschied zw. Gewalt und Notwehr. Der Gesetzgeber macht da ja auch zurecht Unterschiede.

Ich glaube aber auch, dass fast jeder Mensch schon einmal sich ausgemalt hat, wie es wäre, wenn er dem unliebsamen Nachbarn, dem herrischen Vater, den Rivalen in der Liebe etc. einfach aus dem Weg räumen könnte ("ihn den Hals umdrehen könnte"). Und doch tun es die meisten von uns eben nicht. Über diejenigen, die die Herrschaft über sich dann doch verlieren, liest man in den Zeitungen.

Zitat:
Original von friedrichm
Ich bin mir sicher kein Täter zu sein
...
In meiner Jugend war ich mir sicher, ich hätte Widerstand geleistet, mit zunehmenden Alter bin ich mir meines Mutes nicht mehr so gewiss.


Genauso ergeht es mir...
12.03.2008 22:09 Offline | EMail | suchen | Freundesliste | Portal
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