Pirat Vogel
Maturant/in
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Nach der nicht ganz so demokratischen Präsidentenwahl im Iran, wurde Amtsinhaber Mahmud Ahmadinedschad zum Wahlsieger ausgerufen. Moussavi, der aussichtsreichste Gegenkandidat, kündigte daraufhin an, das Wahlergebnis nicht anzuerkennen, da es gefälscht sei. Seitdem marschieren die Iraner auf den Straßen von Teheran und in anderen Städten und protestieren.
Man darf gespannt sein, wie sich die Lage weiterentwickeln wird. Wird die Protestbewegung zerschlagen werden, oder kommt es zu einer neuen Revolution?
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15.06.2009 01:17 |
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Skeptiker
Professor/in+
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Der Iran ist ein eigenartiges Land. Einerseits wird er von den Schiiten regiert, die so wie die katholische Kirche eine Geistlichkeit hat und werden auch die Schiiten mit den Katholiken verglichen. Andererseits gibt es im Iran ein viel höheres Demokratiebewusstsein als in den arabischen Staaten.
Ich kenne einige Perser und muss sagen, dass viele von ihnen einen eher gemäßigten Kurs bevorzugen. Das lässt mich hoffen, dass es im Iran auch einen Change geben kann. Die Regierung Bush war natürlich nicht gerade ein Argument für die Gemäßigten.
Hier Links zu Sketches, die für Perser viel weniger theoretisch waren:
Bomb Osama
Bomb Saddam
__________________ Zweifel schützt vor Lügen
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15.06.2009 07:36 |
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Pirat Vogel
Maturant/in
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Inzwischen sind inoffizielle Informationen von Mitarbeitern des iranischen Innenministeriums nach außen gedrungen, nach denen Mussawi mit 57% der Stimmen die Wahl haushoch gewonnen hätte, während Ahmadinedschad nur 28% erhielt. http://www.zeit.de/online/2009/25/iran-wahlfaelschung
Man muss dazu sagen, dass die Wahl von Anfang an nicht wirklich demokratisch war. Die wahren Machthaber im Iran sind ja die Mullahs im sogenannten Wächterrat. An diesem Rat führt kein Weg vorbei. Zu Wahlen können nur Kandidaten antreten, die vom Wächterrat die Erlaubnis dazu erhalten. Um eine Analogie zu bringen: Wäre Österreich eine "katholische Republik", so wie der Iran eine "Islamische Republik" ist, dann müssten alle Kandidaturen zu Nationalrats- und Bundespräsidentenwahlen erst von der Bischofskonferenz abgesegnet werden. Dann hätte das Wahlvolk möglicherweise die "Wahl" zwischen dem in ausländischen Medien als "konservativen Kandidaten" bezeichneten Ewald Stadler und dem "Reformkandidaten" Andreas Khol.
Fazit: Man hätte sich auch von Mussawi keine großen Veränderungen erwarten dürfen, da er auch nur Teil und Ziehkind des politischen Systems ist. Dennoch haben die Machthaber einen folgenschweren Fehler gemacht, indem sie das Wahlergebnis allzu offensichtlich gefälscht haben. Das war nun der zündende Funke, der die Iraner von ihrer jahrelangen Lethargie befreit und auf die Straße getrieben hat. Inzwischen sind die Demonstrationszüge auf Hunderttausende Menschen angewachsen. Ich weiß nicht, ob es einen Umsturz geben wird, aber es wird sicher nicht ohne Folgen bleiben.
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16.06.2009 10:56 |
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wolfi
Doktor/rix*
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Zitat: |
Original von Pirat Vogel
Inzwischen sind inoffizielle Informationen von Mitarbeitern des iranischen Innenministeriums nach außen gedrungen, nach denen Mussawi mit 57% der Stimmen die Wahl haushoch gewonnen hätte, während Ahmadinedschad nur 28% erhielt. http://www.zeit.de/online/2009/25/iran-wahlfaelschung
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bei solchen indiskretionen bin ich vorsichtig, denn in solchen fällen sind meistens auch nachrichtendienste beteiligt, die nicht nur die information der bevölkerung zum ziel haben.
und wie du schon richtig bemerkt hast: moussavi wäre nur das kleinere übel gewesen.
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16.06.2009 11:35 |
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atlana
Weiser/Weise
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Zitat: |
Original von Pirat Vogel
"Reformkandidat" Andreas Khol.
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aber eine revolution erscheint mir unwahrscheinlich. die demonstranten fordern das auch nicht, soweit ich das verstanden habe. sie haben nur forderungen, die direkt mit der präsidentenwahl in verbindung stehen, aber man hört nie "jagt die mullahs aus dem land und laßt uns eine westlich orientierte demokratie werden"
__________________ ubi dubium ibi libertas
The past is a foreign country; they do things differently there. (L. P. Hartley)
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16.06.2009 12:12 |
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Pirat Vogel
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Zitat: |
Original von atlana
aber eine revolution erscheint mir unwahrscheinlich. die demonstranten fordern das auch nicht, soweit ich das verstanden habe. sie haben nur forderungen, die direkt mit der präsidentenwahl in verbindung stehen, aber man hört nie "jagt die mullahs aus dem land und laßt uns eine westlich orientierte demokratie werden" |
Hm, das ist nicht so klar ersichtlich. In erster Linie geben die Iraner ihren Unmut zum Ausdruck. Eine klare Linie ist nicht erkennbar. Dennoch kann man davon ausgehen, dass es vielen Iranern nicht mehr allein um die Wahlfälschung geht. Bilder wie dieses sprechen Bände:
Hier ist ein Artikel, der die mögliche Entwicklung beleuchtet, wenn im Iran die Demokratie siegt: http://www.welt.de/politik/article396221...atie-siegt.html. Hach, wie schön!
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23.06.2009 23:46 |
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LibrePenseur
Bakkalaureus
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Es ist gesagt worden, wenn nichtiranische facebook user z.B. auf Netzwerk Iran stellen, dass das dann den Moussavi-Anhängern das Kommunizieren auf solchen Sozialplattformen erleichtert wird. Das soll die "Kontrolle" schwerer machen bzw. verwirren.
Ich habe jedenfalls myspace und facebook auf "Iran" umgestellt.
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24.06.2009 09:30 |
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oskar matzerath
Bakkalaureus
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ich bin mir sicher dass es zu einer neuen revolution kommen wird. das ist klar, wenn die mehrheit der bevölkerung gegen die regierung ist. die frage ist vielmehr wie diese verlaufen wird. und wer nachher an der macht ist. es ist nicht nazunehmen das ein liberal-moslimischer president oder sogar ein überhaupt liberaler eine chance hat. das wird halt auch ein bisschen an khomeini liegen, aber der lebt ja nicht ewig.
__________________ Welche Krankheit könnte so gefährlich sein, wie es der Mensch ist ? bertolt brecht
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29.12.2009 19:15 |
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Friedensreich
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Irrtum, Khomeini lebt nur mehr im System, sonst ist er Geschichte.
Ich glaube, dass die Masse der Bevölkerung gläubige Muslime (Schiiten sind) aber doch ein bisschen mehr Freiraum haben wollen. Im Iran, vor allem in den Städten hat fast jede Familie Zugang zu westlichem TV über Satellit. Das ist von den Behörden nicht zu überwachen. Auch Internet bring Freiheiten, die vor 10 Jahen undenkbar waren. Dadurch entsteht der Wunsch nach mehr Information und Unabhängigkeit. Ich glaube derzeit nicht an eine Revolution die das ganze Regime stürzt, sondern glaube ehe daran, dass ein Prozess der leichten Liberalisierung einsetzen wird. Die Iraner wissen ganau, dass vielleicht die eigenen Mullahs das kleinere Übel sind und ich glaube sie werden sich hüten, dass im Land wieder westlicher Einfluss überhand nimmt wie es zu den Zeiten des Schah Reza Pahlevi war. Vielleicht hat bei den Protesten auch die CIA die Hand im Spiel? Übrigens der Sohn von Pahlevi lebt im Exil in den USA. Es würde mich nicht wundern, wenn er über die Intervention der USA wieder als US-Vertrauensmann installiert werden würde. Hie verweise ich nur zum Vergleich an den Afghanischen Präsidenten der ebenfalls von den USA installiert wurde, selbst jedoch auch US-Staatsbürger und Afghanischer Staatsbürger ist. Auch beim Irakischen Präsidenten Maliki ist die Lage ähnlich.
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29.12.2009 23:24 |
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wgroiss
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Leider erfährt man aus dem Irak nur wenig. Eine Mehrheit der Bevölkerung dürfte gegen die klerikale Diktatur der Mullahs sein, die Arbeiterschaft aber (noch) nicht. Die persische Bevölkerung will aber nun seit vielen Jahren eine Demokratrie. Sie werden keine Ruhe geben bis nicht minimale demokratische Regeln im Lande anerkannt werden. DIe Religion abschaffen wollen sie aber nicht. Verstehe ich nicht ganz, wie das funktionieren soll: ein Oberpriester als Staatsoberhaupt, ein Geistlichen-Rat als höchstes Entscheidungsgremium und Demokratie. Das kann nicht gut gehen.
__________________ Religiöser Wahn ist eine psychische Krankheit die zum Tode führen kann.
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30.12.2009 04:12 |
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Friedensreich
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Grundsätzlich richtig. Die Masser der Arbeiter und Bauern im Iran haben nichts gegen die gegenwärtige Regierung. Änderung will die Mittelschicht in den Städten (Kaufleute, Studenten, Bürger mit Bildung etc.)
Eine Demokratie unter dem Oslam sieht aber anders aus ale eine Demokratie in unserem Breiten. Aber das wäre doch schon ein Fortschritt und eine Annäherung der Systeme.
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30.12.2009 10:39 |
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Pirat Vogel
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Zitat: |
Ich glaube derzeit nicht an eine Revolution die das ganze Regime stürzt, sondern glaube ehe daran, dass ein Prozess der leichten Liberalisierung einsetzen wird. |
Bisher hat sich die Islamische Republik als nicht sehr reformfreudig erwiesen. Man denke da an den ehemaligen Präsidenten Khatami. Der war ja ein Reformer, allerdings waren auch ihm die Hände gebunden, und viele der Reformen, die er in Gang gesetz hatte, wurden in der Amtszeit von Ahmadinedschad wieder rückgängig gemacht.
Es gibt aber gerade unter den iranischen Geistlichen viele, die das herrschende politische System ablehnen und die Demonstranten unterstützen. Der bekannteste, Hossein Ali Montazeri, verstarb ja vor kurzem und wurde beigesetzt, was ja zur aktuellen Protestwelle führte. Mit diesen Leuten an der Macht könnte ein Prozess der Öffnung und liberalisierung möglich sein. Dazu muss die derzeit herrschende Clique von der Staatsmacht entfernt werden.
Zitat: |
Die Iraner wissen ganau, dass vielleicht die eigenen Mullahs das kleinere Übel sind und ich glaube sie werden sich hüten, dass im Land wieder westlicher Einfluss überhand nimmt wie es zu den Zeiten des Schah Reza Pahlevi war. |
Das Argument, wieso die Mullahs das kleinere Übel sein sollen, würde mich interessieren. Ich würde aus heutiger Sicht die Shahzeit als das geringere Übel gegenüber dem seit 30 Jahren herrschenden Klerikalfaschismus betrachten, auch wenn der Shah sicherlich auch kein Heiliger war. Ausserdem sollte man bedenken, dass die Mehrheit der Protestierenden junge Menschen sind, die keine Erinnerung an die Shahzeit haben, aber mit der Mullah-Herrschaft aufgewachsen sind.
Zitat: |
Vielleicht hat bei den Protesten auch die CIA die Hand im Spiel? |
Das wäre natürlich möglich. Allerdings täte die CIA in diesem Fall gut daran, ihren Einfluss möglichst gering und vor allem absolut geheim zu halten, da die Iranische Regierung natürlich darauf aus ist, so etwas aufzudecken. Der Demokratiebewegung nimmt das aber in keinster Weise ihre Legitimation.
__________________ Einladung zum Biervulkan: http://einladungzumbiervulkan.at
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30.12.2009 15:09 |
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