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Geschrieben von Skeptiker am 04.04.2015 um 23:24:

  Die Schandtat der Übersetzter

Wenn man das Daodejing in seinen verschiedenen Übersetzungen liest fallen einem markante Unterschiede auf. Insbesondere die Übersetzung des Begriffs Dao selbst zeigt meistens, was der Übersetzer übersetzen wollte.

Die ersten vier Zeilen sind in China berühmt und es kann sie fast jeder aufsagen:

Dao ke dao,
fei chang dao,
ming ke ming
fei chang ming.

Holprige Übersetzung (von mir):
Das Dao, das gesagt werden kann,
ist nicht das ewige Dao.
Name, der genannt werden kann,
ist nicht der ewige Name.

Dao kann als Weg, Fluss, Prinzip oder Sinn übersetzt werden. Ich übersetze Dao nicht, weil sonst die Aussage der Zeilen ad absurdum geführt würde. Aber in den meisten Übersetzungen wird Dao übersetzt.

Damit macht man gleich mehrere Fehler. Offensichtlich ist die Absurdität, einen Begriff zu übersetzen, den der Text als nicht übersetzbar ausgibt. Ein mehr ästhetischer Fehler - der nur uns Europäern nebensächlich erscheint - ist der Verlust der Poesie. Der dritte Fehler ist durch den Ausschluss der anderen Interpretationen gegeben. Der Text wird verkrüppelt. Einmal ist die Interpretation mehr an die einen Flusses und dann wieder an den Sinn angelegt. Dann ist das Dao wieder mehr als Weltprinzip zu sehen. Das wechselt nicht nur ständig, sondern damit spielt der Originaltext. Dao nicht zu übersetzen, wird durch die ersten Zeilen gefordert und es ist auch die beste Option für den Rest des Textes. Außerdem ist es leicht, einen Begriff nicht zu übersetzen, vor allem wenn der Text diesen Begriff erklärt und als Urquelle für diesen Begriff gilt. Warum also wird er trotzdem übersetzt?

Meine Erklärung dafür: Die Übersetzer wollen den Unkundigen in eine bestimmte Richtung lenken. Tatsächlich konnte ich Muster in der Übersetzung des Dao und der Geistesrichtung der Übersetzer feststellen.

Die meistgeachtete Übersetzung ist von Richard Wilhelm:
Der Sinn, der sich aussprechen läßt,
ist nicht der ewige Sinn.
Der Name, der sich nennen läßt,
ist nicht der ewige Name.

Richard Wilhelm ist Philosoph und wollte der Übersetzung offensichtlich eine philosophische Note geben.

Günther Debon (Sinologe) entschied sich für Weg:
Könnten wir weisen den Weg,
Es wäre nicht der ewige Weg.
Könnten wir nennen den Namen,
Es wäre nicht der ewige Name.

Obwohl Debon Sinologe ist, ist sein Text am weitesten vom Original. Das ist jedoch dem Umstand geschuldet, dass er Sinn, Poesie und die gewählte Übersetzung des Dao vereinen wollte. Generell lieben die Esoteriker die Übersetzung des Dao als Weg.

Rainald Simon in der zweisprachigen Ausgabe.

Dao, kann es ausgesagt werden,
ist nicht das beständige Dao.
Der Begriff, kann er definiert werden,
ist nicht der beständige Begriff.

Die am wenigsten entstellende Übersetzung bisher.

Meine Liebelingsübersetzung, weil sie die Poesie erhält, die Deutungsvielfalt erhält und der Intention des Originals am nächsten kommt ist ebenfalls von mir:

Das Schlumpf, das man schlumpfen kann,
schlumpft nicht ewig.
Der Schlunpf, den man schlumpfen kann,
schlumpft nicht ewig.

Ein Chinese sagte mir, dass das Daodejing in China als uninterpretierbar gilt und als nichtssagend. Ich denke, auch das kommt in meiner Übersetzung am Besten rüber. Augenzwinkern



Geschrieben von Ramon am 05.04.2015 um 09:04:

  RE: Die Schandtat der Übersetzter

Alle Jahre wieder...singt unser Skeptiker das gleiche Lied. Lachen



Geschrieben von nicolai am 05.04.2015 um 09:35:

  RE: Die Schandtat der Übersetzter

Do siacht ma wieda amoi, daß ma ois Estarreicha aa ana fünftausend Joahr oiden Kulturnation problemlos iebalegen is - waal, "nix Genaues waaß ma net" und "Schau ma moi", de zwaa Kernaussogen des Estarreichertums kennt bei uns a jedes Kindagoartenkind no bevua s lesen kaunn... Augenzwinkern



Geschrieben von Der Brunnen ohne Krug am 05.04.2015 um 09:38:

  RE: Die Schandtat der Übersetzter

Das mag vielleicht milieubedingtes Wissen sein - Allgemeinwissen ist es wohl nicht.



Geschrieben von Ramon am 05.04.2015 um 09:47:

  RE: Die Schandtat der Übersetzter

Zitat:
Original von nicolai
Do siacht ma wieda amoi, daß ma ois Estarreicha aa ana fünftausend Joahr oiden Kulturnation problemlos iebalegen is - waal, "nix Genaues waaß ma net" und "Schau ma moi", de zwaa Kernaussogen des Estarreichertums kennt bei uns a jedes Kindagoartenkind no bevua s lesen kaunn... Augenzwinkern


Oder wie ein deutscher Turnschuh-und Bermudaträger mal so trefflich formulierte, als er die Akropolis besteigen musste, um den Parthenon fotografieren zu können: Das ist aber verdammt windig hier. Lachen



Geschrieben von nicolai am 05.04.2015 um 09:54:

  RE: Die Schandtat der Übersetzter

Najo, so gaunz unrecht hot er damit jo net ghobt... Augenzwinkern
Oba ma muaß eahm zugute hoitn, daß er wenigstens auffekrabbelt is - waal heitzutog schaugn sa se des jo liaba auf "google earth" aun und kopian eahnare Photos daunn ausn "Netz"... lachmitot



Geschrieben von nicolai am 05.04.2015 um 09:58:

  RE: Die Schandtat der Übersetzter

Najo, waunn ma iagendwou zwischen Belutschistan und Tscherkessien auf d Wööd kumma is so wia Du, daunn kaunn ma natiali net ieba quasi angeborenes Grundwissen des homo austriacus verfügen; oba moch Da nix draus, mia san net fremdenfeindlich (bei uns dearfn sogoar Chinesa, Japana und Kasachen eahna Knedl ausgeben), und iagendwaunn wiast as scho aa no learna... Lachen



Geschrieben von marven am 06.04.2015 um 12:26:

  RE: Die Schandtat der Übersetzter

Das Thema Übersetzung ist ein sehr spannendes. Hab da zufällig mal mitbekommen wie das bei Fachbüchern läuft. Übersetzung zuerst von der Ursprungssprache in Englisch und von Englisch dann in die Folgesprachen. Selbstredend von Leuten die nicht vom Fach sind und jede Hilfe von Fachkundigen erbost zurückweichen.



Geschrieben von BlackWiddow am 06.04.2015 um 13:14:

  RE: Die Schandtat der Übersetzter

Das ist im Arabischen nicht anders, die erste - gemäßigte - Fassung des Koran wurde in Altaramäisch geschrieben, der zweite später hinzu gekommene - aggressivere - Teil in Altarabisch. Da in dieser Schrift die Volkale strittig sind, gibts zahlreiche Übersetzungsfehler, zB die ominösen "72 Jungfrauen", die auf die Dschihadisten im Paradies warten sollen sind in Wirklichkeit "kühle weiße Früchte" (=Trauben) da ist den Testosteronjunkies die Phantasie durchgegangen lachmitot



Geschrieben von nicolai am 06.04.2015 um 14:06:

  RE: Die Schandtat der Übersetzter

Generell wäre es interessant zu wissen, in welcher Sprache etwa Engel, Götter und ähnliche "Heilsbotschaftsübermittler" mit ihren jeweiligen "Propheten" und "Auserwählten" zu konferieren pleg(t)en, und wodurch die jeweiligen "Dolmetscherqualifikationen" der letzten beiden Personengruppen als erwiesen betrachtet werden dürfen (durften)... Augenzwinkern



Geschrieben von peter mitterstöger am 09.04.2015 um 10:31:

  RE: Die Schandtat der Übersetzter

Zitat:
Original von nicolai
Generell wäre es interessant zu wissen, in welcher Sprache etwa Engel, Götter und ähnliche "Heilsbotschaftsübermittler" mit ihren jeweiligen "Propheten" und "Auserwählten" zu konferieren pleg(t)en, und wodurch die jeweiligen "Dolmetscherqualifikationen" der letzten beiden Personengruppen als erwiesen betrachtet werden dürfen (durften)... Augenzwinkern


geh bitte, wenn es schon um so was "Extraordinäres" geht wie Engel, etc.ist die Sprache wohl sekundär.



Geschrieben von BlackWiddow am 09.04.2015 um 10:57:

  RE: Die Schandtat der Übersetzter

Zitat:
Original von nicolai
Generell wäre es interessant zu wissen, in welcher Sprache etwa Engel, Götter und ähnliche "Heilsbotschaftsübermittler" mit ihren jeweiligen "Propheten" und "Auserwählten" zu konferieren pleg(t)en, und wodurch die jeweiligen "Dolmetscherqualifikationen" der letzten beiden Personengruppen als erwiesen betrachtet werden dürfen (durften)... Augenzwinkern


Der Koran wurde von Allah himself dem Analphabeten Mohammed diktiert (so glauben es fest alle Moslems) er ist daher unveränderbar, nur streiten sich halt die Araber um die Sprachinterpretation.


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