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Geschrieben von marven am 03.02.2015 um 09:34:

  Die perfekte Welt (Theozidee und Paradies-Problem)

Die Frage nach der Existenz Gottes ist untrennbar mit dem Theozidee-Problem verwoben.
Das Argument lautet: "Wenn es einen (guten) Gott gäbe, dann würde er das Leid in der Welt nicht zulassen."
Dann gibt es in der Religion noch die Vorstellung von einem Ort des ewigen Glücks (Himmel, Paradies), der nach dem Tod auf die Frommen wartet.

Das Problem an der Vorstellung einer perfekten Welt ist:
Eine perfekte Welt zeichnet sich dadurch aus das es keinen Veränderungsbedarf gibt. Es muss kein Finger gerührt werden.
Und es gibt auch nichts, worüber man nachdenken könnte, da es ja nie eine Änderung gibt.
Bewohner einer solch statischen Welt würden ihre eigene Existenz somit gar nicht erfassen können.

Wenn es also einen Gott gibt, und dieser ist allmächtig und allgütig, dann kann er trotzdem keine perfekte Welt erschaffen in der gleichzeitig etwas zu tun ist und in der die Einwohner dieser Welt somit überhaupt erst die Chance haben sich selbst zu begreifen.
Egal ob im Diesseits oder im Jenseits.
Einfach weil das logisch nicht funktioniert. (Beim Punkt, ob Gott auch über der Logik stehen muss wird es noch komplizierter)
Damit sind wir aber wieder bei dem Punkt das eine Welt, die von einem Gott geschaffen wurde sich in Nichts von einer Welt unterscheidet die ein Produkt von Naturkräften ist.
Denn die Aussage "Gott existiert" ist dann mit jeder anderen Aussage über die Welt vereinbar, steht zu Nichts im Widerspruch.
Was nicht im Widerspruch steht sagt aber Nichts aus.

Fazit:
Die Gottesfrage ist eigentlich eine Scheinfrage, da wir darauf keine Antwort finden können.
Sie ist prinzipiell unbeantwortbar, also auch keine wissenschaftliche Frage.
Oder vielleicht doch? Gibt es eine Möglichkeit, Gott zu beweisen oder zu widerlegen?



Geschrieben von Qwert am 03.02.2015 um 15:57:

 

Hi,

1) heißt das Theodizee und nicht ...zidee.

2)
Zum Thema:
Gott und wir: gebunden im kontinuierlich fließenden Jetzt, 22.1.2011
Ansatz zur Bereinigung des frustrierenden Theodizee-Problems. Nur die Anthropodizee bleibt über!

Daraus:

Zusammengefasst: Gott und wir, alles bewegt sich "dahingleitend" in der scheinbar manifesten, aber im nächsten Moment schon wieder vergangenen Gegenwart, auf den materiellen Spuren und Folgen der Vergangenheit in Richtung einer fiktiven, noch nicht faktischen(!) Zukunft. Alles "geschieht jetzt" wäre, meine ich, eine zulässige Verkürzung; besser als alles "ist jetzt"Die moderne Auffassung Gottes als Beziehungswesen durch namhafte Theologen, bestätigt die Idee der ausschließlichen Realpräsenz des "Jetzt": "Beziehungen" als Summe aller denkbaren Informationsflüsse kann man - auch ein Gott - nur mit realen Existenzen haben, also nicht mit fiktiven "Hirnprodukten" eines prognostizierenden, eventuell - oder auch nicht - eintretenden Wunschdenkens.
Daraus folgt, dass die ach so berühmte Theodizee-Frage "Warum lässt das viele Böse auf der Welt ein allwissender, allmächtiger Gott zu?" hinfällig wird! Gottes Realität entwickelt sich gleitend in der Gegenwart genau so weiter, wie unsere eigenen persönlichen Realitäten ohne jedes Zukunftswissen. Zukunfts-Ahnen vielleicht, aber reales Wissen? Nein, definitiv nein!

Stark formuliert: ER kennt aus Erfahrung die sich entwickelnde Zukunft samt Grausamkeiten auch nicht und ist somit auch kein diese zulassender Sadist!
Denksportaufgabe gleich vom Anfang der Bibel: Wenn Gott im Gegensatz dazu Zukunfts-allwissend wäre, hätte er Adam und Eva wohl die "Fruchtprüfung" ersparen können. ER wird sie doch nicht als Pseudoalibi für den Verweis aus dem Paradies gebraucht haben .... Absurd, nicht wahr?
Genau so wie die Quälung des Hiob, ER hätte doch "aus der Zukunft" gewusst, wie das ausgeht.
Naja, beides sind ja nur kleine Details aus dem "Großen Buch der Legenden" samt seinen Auslegungen "aus der Zeit".

Fazit: Die Theodizee-Frage, also die anmaßende Frage nach der Rechtfertigung Gottes samt der Antwortversuche auf die Frage, wie das Leiden in der Welt mit der Allmacht und der Güte Gottes vereinbar sein könnte, ist mangels realen göttliche Zukunftswissens per se absurd. Wieder etwas für den Mistkübel der sinnlosen, menschengeschaffenen Glaubenstheorien.Letztendlich bleibt nur die Anthropodizee über! .



Geschrieben von peter mitterstöger am 03.02.2015 um 18:16:

 

ist halt sein Hobby. Die Rechtfertigung für nichts kann durchaus passieren. Auch der Urknall ist aus dem Nichts entstanden und hat viel Leid gebracht.
Wie wäre es, wenn man die Natur(götter) zur Verantwortung zieht? Augen rollen



Geschrieben von marven am 04.02.2015 um 06:41:

  Wenn alles materiell ist - ist auch alles berechenbar

Wenn die Welt rein materiell ist, dann ist im Prinzip alles berechenbar. Schließlich ist sogar jede Entscheidung die ein Mensch irgendwann trifft nur das Produkt physikalisch-chemischer Prozesse.
Die Frage, ob man die Zukunft berechnen kann ist somit eigentlich eine reine Frage der Datenmenge.
Im Prinzip hätte man schon vom Urknall wegrechnen können.



Geschrieben von peter mitterstöger am 04.02.2015 um 08:27:

  RE: Wenn alles materiell ist - ist auch alles berechenbar

Zitat:
Original von marven
Wenn die Welt rein materiell ist, dann ist im Prinzip alles berechenbar. Schließlich ist sogar jede Entscheidung die ein Mensch irgendwann trifft nur das Produkt physikalisch-chemischer Prozesse.
Die Frage, ob man die Zukunft berechnen kann ist somit eigentlich eine reine Frage der Datenmenge.
Im Prinzip hätte man schon vom Urknall wegrechnen können.


da ist nicht nur Stephen Hawking anderer Meinung. Und ich rede nicht einmal von der String-Theorie. Auch das klassische Standard-Modell und viel wichtiger Experimente beweisen schon sein langem, dass Zukunft und auch Vergangenheit (!) unbestimmt und unbestimmbar sind, egal wieviele Information man hat. Schon in den 20ern hat Heisenberg das erkannt.
Determiniert ist gar nix.



Geschrieben von marven am 04.02.2015 um 09:02:

  RE: Wenn alles materiell ist - ist auch alles berechenbar

Ich glaube es aber nicht.
Das Kausalitätsprinzip ist dadurch nicht aufgehoben.
Vielmehr ist es doch so, dass eine Messung im kleinsten Raum nicht möglich ist ohne die Realität zu verändern. Es ist auch nicht möglich mit einer Radarpistole die Geschwindigkeit eines Fahrzeuges zu messen ohne diese zu verändern. Allerdings ist die Kraft der Radarpistole für das Endergebnis vernachlässigbar winzig. In der Quantenwelt hingegen gibt es nichts was vergleichbar kleiner wäre um Messungen ohne relevante Realitätsänderung durchzuführen.
Heißt aber nicht, dass man nicht berechnen könnte was einmal sein wird wenn man die Anfangswerte kennt.



Geschrieben von peter mitterstöger am 04.02.2015 um 09:36:

  RE: Wenn alles materiell ist - ist auch alles berechenbar

Zitat:
Original von marven
Ich glaube es aber nicht.
Das Kausalitätsprinzip ist dadurch nicht aufgehoben.
Vielmehr ist es doch so, dass eine Messung im kleinsten Raum nicht möglich ist ohne die Realität zu verändern. Es ist auch nicht möglich mit einer Radarpistole die Geschwindigkeit eines Fahrzeuges zu messen ohne diese zu verändern. Allerdings ist die Kraft der Radarpistole für das Endergebnis vernachlässigbar winzig. In der Quantenwelt hingegen gibt es nichts was vergleichbar kleiner wäre um Messungen ohne relevante Realitätsänderung durchzuführen.
Heißt aber nicht, dass man nicht berechnen könnte was einmal sein wird wenn man die Anfangswerte kennt.


das mit der Messung ist eine andere Geschichte.
Es gibt schon Experimente mit relativ großen Körpern (Moleküle), die eine Indetermination nachweisen. Man will noch 1000fach größer werden und Viren verwenden. Das wäre dann das erste Lebewesen, wo sich Schrullig-Absurdes nachweisen ließe.
Wie gesagt rororo - der große Entwurf von dem im Rollstuhl gefesselten.

Kausalität gilt nur statistisch. Dennoch gibt es Regeln.



Geschrieben von marven am 04.02.2015 um 09:49:

  RE: Wenn alles materiell ist - ist auch alles berechenbar

Trotzdem:
Es gibt Startbedingungen und es gibt Naturgesetze die wirken.
Somit gibt es ein Ergebnis das schon von Anbeginn feststeht. (Die Moslems würden sagen "Es ist niedergeschrieben.")
Eine Abzweigung ist in diesem System nicht vorgesehen.
Eigentlich ist es eher festgeschrieben.

Aber das wäre vielleicht eine Möglichkeit Gott zu definieren.
Jemand, der zumindest temporär in der Lage ist aus dem Vorherbestimmung auszubrechen.



Geschrieben von peter mitterstöger am 04.02.2015 um 09:56:

  RE: Wenn alles materiell ist - ist auch alles berechenbar

Zitat:
Original von marven
Trotzdem:
Es gibt Startbedingungen und es gibt Naturgesetze die wirken.
Somit gibt es ein Ergebnis das schon von Anbeginn feststeht. (Die Moslems würden sagen "Es ist niedergeschrieben.")
Eine Abzweigung ist in diesem System nicht vorgesehen.
Eigentlich ist es eher festgeschrieben.

Aber das wäre vielleicht eine Möglichkeit Gott zu definieren.
Jemand, der zumindest temporär in der Lage ist aus dem Vorherbestimmung auszubrechen.


also nach Stand der Wissenschaft ist das falsch. Newton hatte noch so gedacht, sogar der Einstein ("Gott würfelt nicht"). Seit der Quantenphysik ist das nicht mehr so. Vergangenheit ist unbestimmt so wie die Zukunft.
Noch ärger die Stringtheorie mit 11 Dimensionen und fast unendlich vielen Paralleluniversen. Nur die ist nur Mathematik im Moment.



Geschrieben von marven am 04.02.2015 um 11:15:

  RE: Wenn alles materiell ist - ist auch alles berechenbar

Ich glaube es aber nicht. Ich bin überzeugt das wir früher oder später wieder zum alten Weltbild zurückkehren werden.



Geschrieben von peter mitterstöger am 04.02.2015 um 12:00:

  RE: Wenn alles materiell ist - ist auch alles berechenbar

Zitat:
Original von marven
Ich glaube es aber nicht. Ich bin überzeugt das wir früher oder später wieder zum alten Weltbild zurückkehren werden.


ja, zur Erde als Scheibe im Mittelpunkt des Universums. Lachen



Geschrieben von Vendar am 16.02.2015 um 01:37:

 

in (m)einer perfekten Welt ist lediglich jedes Grundbedürfnis gesichert. Sicherheit, stabilität und der gleichen.

/nerd 1

aber wir würden uns hoffentlich zu dem entwickeln was die Föderation im "The next Generation" Periode ist, Forscher und Diplomaten!!!

/nerd 0



Geschrieben von marven am 16.02.2015 um 06:18:

 

Da bin ich anderer Ansicht. Eine Welt mit Schmerz (und die ist mit Veränderung untrennbar verbunden) ist für mich nicht perfekt.



Geschrieben von Vendar am 16.02.2015 um 14:51:

 

aber tauschen wir dann nicht schmerz gegen etwas anderes schreckliches ein? mehr oder weniger Langeweile?

davon abgesehen dass Schmerz selbst, auch wenn meist negativ (verweis Fetisch Scene) aufgenommen, ein vollkommen natürlicher biologischer Vorgang ist


PS: da es ja perfekte "Welt" hieß, und nicht perfektes Universum, sehe ich nicht zwangsweise, dass wir da nicht beide unseren Willen haben =]



Geschrieben von marven am 16.02.2015 um 16:12:

 

Ich sehe den Begriff Welt hier als Gesamtheit.
Aber das mit der Langeweile ist ja irgendwie der Clou an der Sache.
Weil somit eine perfekte Welt absolut denkunmöglich ist, weil eine perfekte Welt ja einerseits starr sein muss (es gibt nichts zu ändern) und anderseits soll sie ja nicht langweilig sein also muss es Änderung geben.
Somit ist es rein logisch nicht möglich eine perfekte Welt zu schaffen.
Und jetzt kommt die Theologie bzw. Theodizee ins Spiel:
Wenn es rein logisch nicht möglich ist, eine perfekte Welt zu schaffen, wie kann man Gott dann vorwerfen keine perfekte Welt geschaffen zu haben?
Das kann man dann, wenn man sagt das ein Gott auch der Urheber der Logik sein muss.
Ein Gott aber, der selbst den Gesetzen der Logik unterliegt wäre dann kein absoluter Gott (Absgott), sondern vielleicht nur ein besonders mächtiger relativer Gott(Relgott).
Wenn wir uns aber einen Gott denken sollen, der sogar über der Logik steht und der somit z.B. gleichzeitig im Zimmer sein kann und gleichzeitig nicht im Zimmer, dann können wir Menschen einfach nicht mehr mit. Das übersteigt unsere Kapazität.



Geschrieben von Vendar am 16.02.2015 um 16:52:

 

Nun dann stimme ich deinem Fazit auf Post #1 zu und weiß z.Z. nicht mehr hinzuzufügen



Geschrieben von nicolai am 20.02.2015 um 21:20:

 

Aha...Schrödingers Katze & Co; für Quantenphysiker ist sind derartige "Phänomene" schon längst alltäglich. Da braucht´s gar keinen "Abs" oder "Rel"...



Geschrieben von Qwert am 21.02.2015 um 04:28:

 

Zu Religion und "Schrödinger"-Katzen:
http://members.aon.at/flug.fiala/schroedingerkatze.html

Viel Vergnügen und ein schönes Wochenende!



Geschrieben von marven am 23.02.2015 um 06:28:

 

Was hat das mit der Katze von Schrödinger zu tun?


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