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Geschrieben von Markus Pichler am 02.05.2014 um 06:47:

  Differenzierungsnotstand

Ich hab mich in den letzten Tagen über die Haltung mancher in FB und im Freidenker-Forum sehr geärgert (hab ja jetzt Zeit beim Heckenschneiden zum sinnieren). Abstrakt ausgedrückt: darf man etwas gut finden, auch wenn der Kontext negativ ist? Ein paar Beispiele:
Darf man Songs von Sängern gut finden, wenn einem der Sänger unsympathisch ist (muss nicht nur der Michael Jackson sein)?
Darf man Musik (Hymnen) gut finden, auch wenn sie textlich ideologisch belastet sind?
Darf man Blutdiamanten schön finden. Darf man z.B. diesen blauen Diamanten schön finden, der jetzt zur Auktion kommt, nur weil er Luxus pur ist?
Darf man die Raumfahrt befürworten, auch wenn es Hunger und Armut in der Welt gibt.
(Nur für Atheisten): darf man manches an den Religionen schätzen?
Usw, usf.
Ich finde, man darf und soll differenzieren. Ist eine Frage des charakterlichen Reifegrades.

Nachtrag:
besonders gutes Beispiel: Richard Wagner und Israel. Neuerdings darf seine Musik auch offiziell genossen werden, spricht aufgeführt werden.
Und noch eine Meldung aus FB: darf man Volkswagen fahren, auch wenn der Adi den erfunden hat? Naja. FB ist halt auch nur so gut wie die Teilnehmer. Trifft aber hier genau so zu.



Geschrieben von BlackWiddow am 02.05.2014 um 12:39:

  RE: Differenzierungsnotstand

Caravaggio und Cellini waren Mörder, ihre Werke sind nach wie vor unvergleichlich.



Geschrieben von ALO Atheist am 02.05.2014 um 16:49:

  RE: Differenzierungsnotstand

Zitat:
Original von Markus Pichler
Ich hab mich in den letzten Tagen über die Haltung mancher in FB und im Freidenker-Forum sehr geärgert ... darf man etwas gut finden, auch wenn der Kontext negativ ist? Ich finde, man darf und soll differenzieren.
Nachtrag: besonders gutes Beispiel: Richard Wagner und Israel. Neuerdings darf seine Musik auch offiziell genossen werden, spricht aufgeführt werden. Und noch eine Meldung aus FB: darf man Volkswagen fahren, auch wenn der Adi den erfunden hat? Naja. FB ist halt auch nur so gut wie die Teilnehmer. Trifft aber hier genau so zu.

Man muss aber schon auch - bei aller Diskussionskultur - kritikfähig bleiben, und eine Debatte oder eine Disputation ist nunmal kein fades Einheitsgebet.

Über mich kannst du dich nicht geärgert haben - ich bin im Übrigen kein Mitglied bei Facebook -, denn ich habe Differenzierung vorexerziert, als ich hier im Forum als Atheist den "Werbe"-Thread für 5 Stunden Kniefall vor dem Kreuz schaltete (siehe forum.freidenkerin.at/forum/thread.php?threadid=3647). Gemeint ist das Bühnenweihfestspiel "Parsifal" von Richard Wagner. Ich mag weder den Komponisten als Mensch, noch kann ich mich mit dem Inhalt der Oper identifizieren, aber bei aller Kritik - mir geht es da wie Nietzsche bei dessen Parsifal-Kritik -, die Musik ist halt gut, um nicht zu sagen genial.

Ein weiteres Beispiel: Mir sind die in prinzipielle Ablehnung mündenden Vorbehalte mancher Akademiker und Autoren schon zu Gehör gekommen - "der Doderer war doch so bieder" - und habe mich immer für Differenzierung ausgesprochen. Ich kann mich doch nicht von der Lektüre der Werke Heimito von Doderers abhalten lassen, nur weil einem der Autor als Mensch nicht passt - den ich im Übrigen in seinen Selbstdarstellungen weniger bieder als vielmehr originell finde.


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