Geschrieben von atlana am 23.06.2011 um 12:48:
du mißverstehst mich. ich hatte auf eine gottfried-keller-paraphrase gehofft:
orgie und massaker auf dem dorfe
oder: der blutmond
(ein stück in zu vielen aufzügen, im stile thomas bernhards, homers und william shakespeares, in aller bescheidenheit verfaßt von j. m. w. kalkgrube-leichenwachs)
1. aufzug: der atheistenacker
ein atheist (groß, mit auffallend buschigen augenbrauen und diabolischem lächeln) taucht im dorfe auf und erhebt anspruch auf einen brachliegenden baugrund, der zwischen dem örtlichen bikercafé und dem gstöttnerhof (mit angeschlossener ferienpension "zur blauen aussicht") gelegen ist. jedoch kann er seine generelle existenz nicht anhand der kirchenbücher nachweisen und gilt daher als nicht nur staatenlos, sondern auch wesenlos. er zieht ohne baugrund von dannen.
2. aufzug: die atheistenackerversteigerung
mittlerweile haben sich der besitzer des bikercafés und der gstöttnerbauer (vulgo zimmermitfrühstück-sepp) durch eine taktisch angebrachte thujenhecke bzw. einen vorschriftsmäßig asphaltierten kinderspielplatz des atheistenackers bemächtigt – zu dieser unzeit wird durch die nachgerade teuflischen wege der bürokratie besagter atheistenacker versteigert. der zimmermitfrühstück-sepp erhält den zuschlag. haß bricht aus zwischen ihm und dem besitzer des bikercafés, als dieser seine thujenhecke nicht versetzen will, was ihn geschlagene vier parkplätze kosten würde.
3. aufzug: tschäcklin und basti
tschäcklin, die tochter des bikercafébesitzers, und basti, der uneheliche sohn eines zimmermädchens in der "blauen aussicht" mit dem ortspfarrer, treffen sich beim entsorgen ihrer problemstoffe auf dem kommunalen bauhof (für bayern: "wertstoffhof") in der nahegelegenen bezirkshauptstadt. sie verlieben sich und verbringen einen glücklichen tag in der mondänen metropole hinterguggau-tretzendorf.
4. aufzug: die rückkehr des atheisten
aufgrund der feindschaft zwischen dem cafébesitzer und dem zimmermitfrühstück-sepp können unsere jungen liebenden, wohlversehrt mit decke und kondomen, ihre zweisamkeit nur im wald genießen. bei einem dieser geheimen ausflüge treffen sie auf den atheisten, es entspinnt sich ein gespräch. die drei werden jedoch vom cafébesitzer überrumpelt, und basti befördert ihn mit einem stein unsanft ins jenseits.
5. aufzug: die orgie
der atheist – immer noch groß, mit buschigen augenbrauen ausgerüstet und nunmehr noch diabolischer lächelnd – führt tschäcklin und basti tiefer in den wald hinein, unter zurücklassung der leiche (sie zum bauhof zu schaffen, um mit des cafébesitzers genieteter lederjacke nicht den wald zu verseuchen und säuberlich biomüll und altmetall zu trennen, entspricht nicht seiner weltsicht). auf einer lichtung stoßen sie auf ein riesiges lagerfeuer, das umringt wird von mänaden in zerrissenen gewändern, die mit wildem haar und schreiend um einen gehörnten mann mit überdimensioniertem phallus umtanzen – der ortsverband der katholischen frauen bei ihrer jährlichen besprechung zur ausrichtung des adventsbasars.
6. aufzug: der blutmond
der ortsverband der katholischen frauen erblickt tschäcklin und basti, mit schrillen schreien stürzten sie sich auf die jungen – und reißen sie in blutige stücke, die leblos am boden liegenbleiben. währenddessen lächelt der atheist diabolisch im hintergrund. am himmel steht ein riesiger, blutroter mond.
7. aufzug: der untergang
am morgen findet man die zerstückelten leichenteile neben einem dahingluckernden bächlein. aus dem haufen fleisch, gedärm und knochen wachsen zwei weinreben hervor, deren beeren auffallend dunkel sind. am horizont verblaßt der blutmond ins nichts.
8. aufzug: der adventsbasar
in dirndl und sonntagsanzug findet sich die ortsbevölkerung im pfarrheim ein, um die handarbeiten des ortsverbandes katholischer frauen in augenschein zu nehmen sowie kaffee, kuchen und gehäkelte untersetzer zu konsumieren. der gstöttnerbauer (vulgo zimmermitfrühstück-sepp) hält eine launige rede auf die verdienste der örtlichen damen, worauf mit dem auffallend dunklen "pfarrbasarwein" angestoßen wird, einer neuerdings überall verkauften lokalen spezialität. der pfarrer wird für das kapitale gehörn eines steinbocks geehrt, das er in bester waidmannstradition dem pfarrheim zum schmucke gestiftet hat – und die huaba-bäurin nimmt mit bescheidenem lächeln eine auszeichnung für ihre leberpastete entgegen. alle sind zufrieden.
vorhang.