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--- "Gott" im alltäglichen Sprachgebrauch (http://forum.freidenkerin.at/forum/thread.php?threadid=1780)


Geschrieben von Alfred1944 am 07.11.2009 um 16:53:

  "Gott" im alltäglichen Sprachgebrauch

Neulich fragte mich per Mail wer, wie es mir gesundheitlich ginge, und ich schrieb als Antwort: "Gott sei Dank gehts mir schon besser" (Erkältung). Vor dem Versenden fiel mir dieser Automatismus des "Gott sei Dank" in meiner Mail auf und dachte, es ist ja paradox, wenn ich als Atheist "Gott" danke, dass es mir schon besser geht. Nach kurzem Grübeln fiel mir dann glücklicherweise das Wort "glücklicherweise" ein. Dann klickte ich auf "Senden".

Es ist schon eigenartig, wie schwer Jahrzehnte langer Gebrauch von in der Kindheit eingetrichterten Redeweisen zu ändern ist. Genau so geht's mir mit der Grußformel "Grüß Gott". Auch in der Kindheit angewöhnt (worden) und dann mehr als 60 Jahre gedankenlos verwendet, liegt es mir noch immer als erste Grußformel auf der Zunge, wenn ich jemanden grüße, aber es geschieht schon immer seltener. Immerhin, wenn mich jemand mit "Grüß Gott" begrüßt, sage ich jetzt "Hallo!" und denke dann für mich: "Wenn ich ihn treff, werd ich's ihm ausrichten!" Ich arbeite also daran! smile

Wie geht's euch denn damit?

Herzlichst
Alfred



Geschrieben von Skeptiker am 07.11.2009 um 17:12:

  RE: "Gott" im alltäglichen Sprachgebrauch

Gott grüßt nicht mehr

Es grüßt der Gott in Österreich
Grüß Gott - grüß Gott ich komme gleich
Doch keiner hat ihn jeh gesehen
Grüß Gott - grüß Gott, du musst halt mehr zur Kirche geh´n

Der Werbeslogan tönt durchs Land
Grüß Gott - grüß Gott, wir sind am Sand!
Kommst du in ein Geschäft hinein:
Grüß Gott - grüß Gott musst du gleich schrei´n.

Im Ausland willst als Österreicher gelten,
Grüß Gott - grüß Gott, musst du dich melden,
Bist du am Berg dort auf der Alm,
Grüß Gott - Grüß Gott, soll es erschall´n.

Wenn du geladen auf ein Amt,
Grüß Gott - grüß Gott, so bist verdammt.
D´rum lieber Österreicher merke dir,
Grüß Gott - Grüß Gott, nicht jeder trinkt das Bier.

Es gibt auch Menschen, keine Frag´,
Die wünschen dir den guten Tag.
Das ist doch wirklich keine Plag´,
Wenn du uns grüßt mit "Guten Tag!"

Denn dieses ewige "Grüß Gott - grüß Gott!"
ist für den Menschen nur noch Schrott.

Von Rudolf Schwarz



Geschrieben von Pirat Vogel am 07.11.2009 um 17:47:

  RE: "Gott" im alltäglichen Sprachgebrauch

Ich muss gestehen, mir ist das wurscht. Ich grüß ständig mit "Grüß Gott". Für mich hat das die selbe Bedeutung wie "Hallo", nicht mehr und nicht weniger. Ich hab wichtigeres zu tun, als darauf zu achten dieses Wort mit vier Buchstaben tunlichst zu vermeiden.



Geschrieben von Skeptiker am 07.11.2009 um 19:04:

  RE: "Gott" im alltäglichen Sprachgebrauch

Warum so aggressiv? Es macht dir doch keiner einen Vorwurf.



Geschrieben von wgroiss am 08.11.2009 um 09:13:

  RE: "Gott" im alltäglichen Sprachgebrauch

Ich grüsse generell alle mit "guten Tag". Seit neuesten antworte ich aber auf ein freundliches "Grüss Gott" gerne mit "Grüss Göttin".



Geschrieben von landlerin am 08.11.2009 um 10:04:

 

Ich grüsse so dass es auch als höflich vom Gegenüber empfunden wird....und besonders gern ein "griass di" an liebe Freunde.
landlerin



Geschrieben von Alfred1944 am 08.11.2009 um 10:55:

 

Landlerin, ich grüß ja auch freundlich und das Problem mit "Gott zu grüßen" stellt sich ja auch nur, wenn man mit jemandem per Sie ist. Mir ist nur aufgefallen, wie paradox dieser Gruß ist, den es scheinbar nur in Österreich und Bayern gibt. Es scheint also ein katholischer Gruß zu sein. Nördlich des Weißwurst-Meridians sagt man ja "Tachchch!"

Und was ist Deine Meinung zu "Gott sei Dank"? Rein philosophisch?



Geschrieben von Skeptiker am 08.11.2009 um 12:21:

 

Ein "Grüß Sie!" ist in Wien durchaus üblich.



Geschrieben von Alfred1944 am 08.11.2009 um 17:24:

 

Danke für den Tipp Augenzwinkern

Es ist ja nicht so, dass es mir am Vokabular mangelt. Ich bin schon eloquent genug, aber z.B. unseren HBP würde ich nicht mit "Grüß Sie" anreden. Oder meinen Urologen, Univ. Prof. Dr. Sch....Oder doch? Naja, ich habe noch genügend Grüße sowohl im Arbeitsspeicher als auch auf der Festplatte im Oberstübchen.



Geschrieben von Skeptiker am 08.11.2009 um 18:57:

 

Zitat:
Original von Alfred1944
Danke für den Tipp Augenzwinkern

Es ist ja nicht so, dass es mir am Vokabular mangelt. Ich bin schon eloquent genug, aber z.B. unseren HBP würde ich nicht mit "Grüß Sie" anreden. Oder meinen Urologen, Univ. Prof. Dr. Sch....Oder doch? Naja, ich habe noch genügend Grüße sowohl im Arbeitsspeicher als auch auf der Festplatte im Oberstübchen.


Egal wieviel Arbeitsspeicher man im Oberstübchen hat, man ist immer froh, wenn man Tipps bekommt. Und ich würde gerade unseren HBP mit "Grüß Sie!" begrüßen. Er bezeichnet sich doch als Agnostiker.



Geschrieben von Alfred1944 am 08.11.2009 um 19:52:

 

Entschuldige, ich wollte weder mit dem Oberstübchen prahlen und Dich auch nicht kränken. Ich habe ja Deinen Tipp dankbar angenommen! Wahrscheinlich hat jeder sein eigenes Sprachempfinden. "Grüß Sie" ist halt nicht meins. Ich weiß nicht wieso.

herzlichst



Geschrieben von landlerin am 08.11.2009 um 20:03:

 

Und wenn man den Gruss als allgemeines eingessenes Brauchtum durchgehen lässt? "Heil.....irgendwer wär schlimmer.
landlerin



Geschrieben von myself am 08.11.2009 um 20:24:

  RE: "Gott" im alltäglichen Sprachgebrauch

Ich grüße auch immer mit Grüß Gott, wenn ich Guten Tag sage denken die Leute ich sei ein Piefke oder Wiener, weil ich fast immer die Hochsprache verwende, und ich möchte eigentlich nicht als Piefke gelten Njet



Geschrieben von Alfred1944 am 08.11.2009 um 21:04:

 

Hast recht, Landlerin, es scheint in Österreich zum Brauchtum zu gehören. Trotzdem seltsam, wenn mensch einmal darüber nachdenkt, was der Gruß eigentlich aussagt. Aber besser als Heil irgendwer, hast recht.
Herzlichst



Geschrieben von Skeptiker am 09.11.2009 um 01:35:

 

Zitat:
Original von Alfred1944
Entschuldige, ich wollte weder mit dem Oberstübchen prahlen und Dich auch nicht kränken. Ich habe ja Deinen Tipp dankbar angenommen! Wahrscheinlich hat jeder sein eigenes Sprachempfinden. "Grüß Sie" ist halt nicht meins. Ich weiß nicht wieso.

herzlichst


Ich hab dir nichts böse genommen. War nur etwas eigenartig deine Aussage. Klar, dass man gegen manche Grüße eine Abneigung verspüren kann. Ich wollte nur darauf hinweisen, dass das schweizer "Grüazi" ganz normal klingt und ja auch nichts anderes als "Grüß´ Sie!" heißt.

In jedem Kulturkreis klingen ungewöhnliche Grußformen eigenartig. Man stelle sich vor: "Gott zum Gruße" oder "Heil Hinkel"...



Geschrieben von Kasimir van P. am 09.11.2009 um 08:20:

 

Zitat Landlerin:

"Und wenn man den Gruss als allgemeines eingessenes Brauchtum durchgehen lässt? "Heil.....irgendwer wär schlimmer. "

Solange an öffentlichen Orten das christliche Logo, das ja einen zu Tode geschundenen, blutüberströmten, gefolterten Menschen darstellt, ( vom hl. Vater als Sühneopfer gefordert ) oder eben auch das "Grüß Gott" , unter dem Deckmantel der Tradition toleriert wird, ist das in meinen Augen eine Blokade auf dem Weg zu einer aufgeklärten Gesellschaft. Jede Tradition hat ihren Anfang. Es wäre meiner Meinung nach höchste Zeit neue Traditionen ohne Götter und Dämonen zu schaffen. Solange uns solche Redewendungen und Symbole im Alltag begegnen wird für viele im Unterbewusstsein die Existenz eines Gottes als selbstverständlich empfunden. Der allerwichtigste Schritt wäre meines Erachtens dass endlich jeder mit Erreichen der Volljährigkeit selber entscheiden kann ob er einer Religion beitreten will oder nicht. Wenn der Religionsunterricht schon fixer Bestandteil der Schulen bleiben muss, gehört dem eine Fach gegenübergestellt wo atheistische Weltanschauungen angeboten werden.
Weiters gehören die Privillegien die der Staat der Kirche gewährt unterbunden usw. Aber das ist ja eine andere Geschichte.

Und noch was - du meinst dieses "Heil" wäre schlimmer. Auch dieses Wort hat seinen Ursprung in der Religion. Es ist unter anderem ein Synonym für Erlösung.

Ich selber vermeide bewusst dieses "Grüß Gott" Wenn mich jemand damit grüßt, entgegne ich ihm ein betont freundliches "Wünsch auch einen Guten Tag". Auch beim "Gott sei Dank" hab ich mich im Griff und verwende stattdessen "zum Glück" Bei besonders gläubigen Zeitgenossen erwidere ich auch manchmal "mach ich wenn ich ihn seh"
Die meisten reagieren darauf mit einem fragenden Blick, worauf ich aufklärend ergänze: " Sie haben gesagt ich soll Gott grüßen - ich sagte mach ich wenn ich ihn sehe"

"Habe die Ehre" smile



Geschrieben von landlerin am 09.11.2009 um 09:08:

 

Das ist ja schon fast in geistige Arbeit ausgeartet, wenn du dich so sehr bemühst.......ich find halt, dass ein Gruss dem Gegenüber Wertschätzung ausdrücken sollte. Höflichkeit schadet auch nicht. Mit dem Heil....naja, man kann auch von manchen Dingen "geheilt" werden, welche vorgeben heilig zu sein. Vieles zu verbissen zu sehen, bringt auch nichts. Z.B. die Kreuzdebatte. Das Kreuz ist ein Zeichen, das man abmontieren kann, aber die Ideologie dahinter, welche gelehrt wird, und wenn dann noch dazu man sich wieder als Opfer verkauft, weil eben Kreuz....ignorieren wäre oft besser.
landlerin



Geschrieben von Alfred1944 am 09.11.2009 um 13:17:

 

Hallo Kasimir,
Du bist ganz auf meiner Linie, und das freut mich. Genau das meinte ich, als ich dieses Thema anschnitt. In anderen Bereichen wird sehr wohl nachgedacht, bevor man über die Lippen lässt, was gegen seine Einstellung ist: Nazi-Phrasen (z.B. "bis zur Vergasung" oder " er ist durch den Rost gefallen", oder jemand ist ein typischer Jud.) Rassistisches (Afrikaner statt Neger, oder Hell- und Dunkelbunte). Wir, in dieser Runde verneinen Gott und wehren uns gegen die wahnhaften Auswüchse der Religionen, und trotzdem finden wir nichts dabei, Gott zu danken und Gott grüßen zu lassen. Und das finde ich eben paradox. Tradition hin, Tradition her.
Herzlichst
Alfred



Geschrieben von Kasimir van P. am 10.11.2009 um 12:07:

 

Zitat:
Original von landlerin
Das ist ja schon fast in geistige Arbeit ausgeartet, wenn du dich so sehr bemühst......(........)....ignorieren wäre oft besser.


Richtig - es bedarf meiner Meinung nach "geistige Arbeit" um dieser "Gotteselbstverständlichkeit" engegenzutreten. Auch auf die Gefahr hin dass diese geistige Arbeit von manchen als verbissen empfunden wird, wird es mich nicht davon abhalten weiterhin an der morschen Fassade der Religionen zu kratzen.
Ich danke Alfred 1944 dafür dass er dieses Thema zur Sprache bringt.
Nur wenn wir Zeichen setzten wird es dazu führen dass die Gläubigen zu denken beginnen. Wenn man alles Religiöse nur ignoriert werden diese schädlichen Ideologieen die von Religionen ausgehen nicht eingedämmt.

Ich kann dazu nur wiederholt das beste kirchenkritische Buch das ich bisher gelesen habe, empfehlen: " Denn sie wissen nicht was sie glauben" "Oder warum man redlicherweise nicht mehr Christ sein kann"
von Franz Buggle

Man müsste alle Christen dazu bringen dieses Buch so unbefangen wie es ihnen halt möglich ist zu lesen. Ich bin überzeugt ein großer Teil von ihnen würde vieles anders sehen.



Geschrieben von oskar matzerath am 10.11.2009 um 12:32:

 

bzgl. geistiger arbeit gegen gottesselbstvertändlichkeit kann ich nur nietzsches antichristen empfehlen, wobei ich annehme das sie das schon gelesen haben.

Gott ist eine faustgrobe Antwort, eine Undelikatesse gegen uns Denker -, im Grunde sogar bloß ein faustgrobes Verbot an uns: ihr sollt nicht denken! nietzsche (jedoch in ecce homo)

ein vielleicht sehr grobes aber doch auch treffendes zitat. auch ich finde das man sich gedanken darüber machen sollte wie man sich ausdrückt.
beim tiroler heil jedoch habe ich auch ein wenig zweifel. bei uns (ein recht kleines tiroler hochtal) ist das "heil", ausser bei weltkriegsteilnehmern, das umgängliche grüsswort. inwieweit das wort auf den christlichen glauben zurückzuführen ist weis ich nicht, bei uns steht es jedoch mehr gegen als für glauben. vielleicht kann es ja als ein synonym für die erlösung von der kirche verstanden werden.


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