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Geschrieben von peter mitterstöger am 26.07.2012 um 09:23:

 

Zitat:
Original von Friedensreich
Ein Segen, wenn die Eltern es so wollen würde doch auch reichen.
Beschneidung stigmatisiert praktisch lebenslänglich. Das kann es doch nicht sein.


genau das meine ich auch. Segen als Ritus reicht. Ich bin Beschneidungsgegner wegen der Brandmarkung.

ich bin bezüglich Kindsopfer->Beschneidung noch nicht fündig geworden, aber interessant ist folgendes:

http://www.der-postillon.com/2012/07/ratgeber-alles-was-sie-uber-die.html



Geschrieben von peter mitterstöger am 26.07.2012 um 10:26:

 

Abraham Kindsopfer-Spiel zensiert:

http://www.welt.de/kultur/article13858771/Abrahams-Kindsopfer-an-Gott-sollte-zensiert-werden.html



Geschrieben von peter mitterstöger am 26.07.2012 um 10:43:

 

naja, immerhin Erstgeburtsopfer->Tieropfer, aber nicht ->Beschneidung:

http://de.wikipedia.org/wiki/Erstgeburt



Geschrieben von atlana am 26.07.2012 um 10:43:

 

da hat es wohl jemandem ins hirn geregnet...

interessant auch, daß hier die mutter die böse ist. man könnte fast zum freudianer werden Augen rollen .



Geschrieben von peter mitterstöger am 26.07.2012 um 11:03:

 

ha, endlich! in der Mitte folgenden Textes (ist auch sonst interessant, z.B. Zusammenhang mit Kastration):

http://cuncti.net/haltbar/224-die-maennliche-genitalbeschneidung



Geschrieben von nicolai am 26.07.2012 um 11:46:

 

Prof. Dr. Matthias Franz ist allerdings kein "Historiker" und behauptet auch nicht, in dieser Hinsicht kompetent zu sein (deshalb auch der spekulative Konjunktiv - "könnte", "wahrscheinlich", etc. in den "historischen Abschnitten"), sondern Professor für psychosomatische Medizin und Psychotherapie. Was eigentlich nichts zu Sache tut, da der "historische Kontext" für die eigentliche Kernfrage "Darf religiöser Ritus und religiöse Praxis über den Gesetzen eines säkularen Staates stehen" irrelevant erscheint...



Geschrieben von peter mitterstöger am 26.07.2012 um 11:53:

 

Zitat:
Original von nicolai
Prof. Dr. Matthias Franz ist allerdings kein "Historiker" und behauptet auch nicht, in dieser Hinsicht kompetent zu sein (deshalb auch der spekulative Konjunktiv - "könnte", "wahrscheinlich", etc. in den "historischen Abschnitten"), sondern Professor für psychosomatische Medizin und Psychotherapie. Was eigentlich nichts zu Sache tut, da der "historische Kontext" für die eigentliche Kernfrage "Darf religiöser Ritus und religiöse Praxis über den Gesetzen eines säkularen Staates stehen" irrelevant erscheint...


Erstens war der Franz der erste Hit, ich hab jemanden anderen in Erinnerung.
Und an der angeblichen Kernfrage "bla bla säkulärer Staat" kaust du alleine herum. Ist ein gutes Beispiel für deinen 19.Jahrhundert-Background. Es geht vielmehr um das Leid, welches zugefügt wird. Beim Staat hast du doch gerade gemeint: "Wehret den Anfängen" (Gesundheitsdebatte, gerade eben). Der Staat hat sich nicht einzumischen, auch nicht bei den von uns nicht goutierten religiösen Praktiken.
Ich bin gegen die Beschneidung. Es würde mir aber nie einfallen, vom Staat zu verlangen, dies zu unterbinden. Individualität ist doch hier immer groß geschrieben worden. Kinder können sich nicht wehren, das stimmt. Aber dann muss man die verblendeten Eltern überzeugen und nicht zwingen. Würde sie sonst sowieso in die Illegalität (die dann fürs Kind wirklich gefährlich wäre) oder zu einem Beschneidungstourismus (wohin?, Albanien?) führen.



Geschrieben von atlana am 26.07.2012 um 12:00:

 

die un-kinderrechtskonvention ist ein ÜBERstaatliches abkommen.
http://de.wikipedia.org/wiki/Kinderrechtskonvention

für den konkreten fall hätten wir hier also:
das Recht auf Gleichbehandlung und Schutz vor Diskriminierung unabhängig von Religion, Herkunft und Geschlecht (soll das für kleine buben mit muslimischen oder jüdischen eltern nicht gelten?)

das Recht auf Gesundheit (eine medizinisch unnötige operation verletzt dieses recht)

das Recht auf eine Privatsphäre und eine gewaltfreie Erziehung im Sinne der Gleichberechtigung und des Friedens (gewaltfrei ist etwas anderes)

das Recht auf sofortige Hilfe in Katastrophen und Notlagen und auf Schutz vor Grausamkeit, Vernachlässigung, Ausnutzung und Verfolgung (man schützt niemanden vor grausamkeit, indem man jemanden an seinen genitalien herumschnitzen läßt)

das Recht auf eine Familie, elterliche Fürsorge und ein sicheres Zuhause (wie sicher ist ein zuhause, in dem man schon verletzt wurde oder es bald wird?)



deinen link schau ich mir gleich noch an.
schließe mich nicolai an - historiker ist der mann keiner, selbst wenn das mit dem opfer stimmen würde, wäre es irrelevant und die seite selbst macht mich gleich noch ein bißchen lesbischer ("entsorgte väter").



Geschrieben von peter mitterstöger am 26.07.2012 um 12:05:

 

Es gibt auch ein Recht für freie Religionsausübung. So wies ausschaut, werden die Juden und Muslime ein "Befreiungsgesetz" bekommen, sodass sie ungestraft weiter beschneiden dürfen. Zunächst einmal in D.



Geschrieben von nicolai am 26.07.2012 um 12:08:

 

Zitat:
Original von peter mitterstöger
Es gibt auch ein Recht für freie Religionsausübung. So wies ausschaut, werden die Juden und Muslime ein "Befreiungsgesetz" bekommen, sodass sie ungestraft weiter beschneiden dürfen. Zunächst einmal in D.


...womit wir bei der "von mir allein bekauten" Kernfrage angelangt wären... Happy



Geschrieben von peter mitterstöger am 26.07.2012 um 12:14:

 

was die wirkliche Kernfrage in keinster Weise berührt. Die Beschneidungsdebatte hat es vor dem Kölner Urteil schon lange gegeben. Es geht darum, Traditionen zu ändern, wenn geht möglichst schnell, wird aber nur langsam gehen. Der andere nicht-rechtliche, nicht-staatliche ist der gesundheitliche Aspekt. Solange mein Uruloge bei guter geistiger Gesundheit ist, glaube ich ihm die Peniskrebskeule.
Ausserdem, Staaten haben längst ausgedient, Konzerne und Rating-Agenturen regieren die Welt. Noch nicht gemerkt?



Geschrieben von peter mitterstöger am 26.07.2012 um 12:30:

 

Zitat:
Original von atlana
selbst wenn das mit dem opfer stimmen würde, wäre es irrelevant


du wolltest zumindest eine Spur, schon vergessen? Jetzt ist es irrelevant? Gehts no?

Ich bin überzeugt, dass der besagte Franz sich das nicht aus den Fingern gesogen hat, gerade deshalb nicht, weil er kein Historiker ist, sondern sich das von einem Kollegen geholt hat. Den recherchiere ich jetzt aber nicht mehr, ist ja eh irrelevant. Hat mich heute eine Stunde gekostet, obwohl ich das Surfen eh hasse wie die Pest, aber was solls.



Geschrieben von Friedensreich am 26.07.2012 um 15:13:

 

Unwahrscheinlich wie lange man über ein kleines Hautfetzerl diskutieren kann. Bin beeindruckt.



Geschrieben von atlana am 26.07.2012 um 15:39:

 

entschuldige, das ist offenbar ein mißverständnis. ich habe schon im ersten beitrag klarzulegen versucht, daß mich die menschenopfersache zwar interessiert, sie aber nicht wirklich aussagekräftig ist ("selbst wenn vor zweieinhalbtausend jahren das abschwächen auf beschneidung ein fortschritt gewesen sein sollte, wir leben heute im 21. jhd und kinder haben heute das recht auf körperliche unversehrtheit.").

danke auch fürs googlen, ich kann aber dennoch nicht von meiner meinung abgehen. was kümmern uns alte (schlecht bis gar nicht belegte praktiken*), wenn wir ein problem von heute lösen sollen? ich löse doch das problem der zwangsprostitution auch nicht mit dem hinweis auf das römische sklavereigesetz.




*ich hab zum menschenopfer bei den israeliten nur ein paar schwindlige bibelstellen gefunden.



Geschrieben von peter mitterstöger am 26.07.2012 um 15:42:

 

aber hallo, du bist doch begeisterte Historikerin und würdest am liebsten in der Spätantike leben? Oder bin ich da am Holzweg?



Geschrieben von atlana am 26.07.2012 um 15:57:

 

warum sollte ich in der spätantike wohnen und was hat das mit der unwissenschaftlichkeit von "aber so steht es in der bibel!" zutun?



Geschrieben von peter mitterstöger am 26.07.2012 um 16:07:

 

das ist halt meine Logik. Du hast gemeint, wir sollten die Probleme von heute lösen. Ich hab angenommen, dass die Probleme von gestern (Erstlingsopfer->Beschneidung) dich als Historikerin genauso interessieren könnten. Immerhin hast du wiederholt von der Spätantike geschwärmt.



Geschrieben von atlana am 26.07.2012 um 21:31:

 

1) schwärmen ist der falsche ausdruck. schwärmen sollen historiker überhaupt nicht. natürlich habe ich meine private meinung zur spätantike und verschiedene fachliche standpunkte, aber "schwärmen" ist weder das eine noch das andere.

2) die quellenlage zum menschenopfer HAT mich interessiert, bis zu dem punkt, an dem es auf ein paar depperte stellen im alten testament hinausgelaufen ist. wenn ich aufregende raubersgschichten aus dem nahen osten haben will, schau ich mir indiana jones an.

3) in der kaiserzeit wurde beschneidung v. a. durch christliche autoren thematisiert. das hängt mit der missionierung zusammen; mit der "heidenmission" hat sich plötzlich die frage gestellt, ob sich heiden nach den biblischen geboten beschneiden lassen müssen. es hat sich im mainstreamkatholizismus nicht durchgesetzt.

die beschneidung ist in der spätantiken literatur weiter ein thema; zum teil in antijudaistischen zusammenhängen, zum teil in juristischen (konstantin hat zb verboten, daß jüdische sklavenbesitzer ihre sklaven beschneiden), zum teil in medizinischen (nichtjüdische ärzte betonen zb die schmerzhaftigkeit der operation), in sozialen (zb in der frage, ob hellenisierte juden in griechischen gymnasien sein dürfen, nachdem sie unanständigerweise mit nackter eichel herumlaufen) und natürlich in religiösen.

ein beispiel für einen patristischen autor, der sich mit der beschneidung auseinandersetzt, ist ambrosius von mailand. ep. 16 (FOTC 26, Beyenka 1954): "Neither was the symbol and outward appearance of cirumcision useless, by which the people of God, marked with a certain seal of the body, were set off from other nations. But, now that the name of Christ has been given them, they need no bodily sign, for they have attained the honor of a divine title. Why was it absurd for them to seem to bear some pain or labor for piety's sake, that by these difficulties their devotion might be better tried? It is also becoming that from the very cradle of life the symbol of religion should grow with us, and an older person would be ashamed not to meet labor and pain when his tender infancy had overcome them both. Christian people now have no need of the light pain of circumcision; they bear with them the death of the Lord; in their every act they engrave on their forehead contempt of death, knowing that without the cross of the Lord they cannot be saved. Who would use a needle in battle while armed with stronger weapons? (…) Could this frighten an older person when many babies endured it without peril? Granted that some Jewish babies died because they were unable to bear the pain and keen stroke of circumcision in their bodies, it did not deter others who were stronger by reason of their more advanced age, and it made more praiseworthy the man who obeyed the heavenly precepts. If they think so slight a pain an obstacle to the confession of faith, what do they say of martyrdom?"

für unsere diskussion finde ich nur interessant, daß ambrosius genau wie in der modernen debatte - wenn auch aus rein rhetorischen und theologischen gründen - die schmerzen herunterspielt ("the light pain of circumcision"), zugleich aber en passant erwähnt, daß säuglinge daran sterben ("Granted that some Jewish babies died because they were unable to bear the pain and keen stroke of circumcision in their bodies...").

so, und jetzt will ich nichts über die länge des posts hören. du hast es so gewollt.



Geschrieben von peter mitterstöger am 27.07.2012 um 06:13:

 

ich glaube, ich kann mich entsinnen, dass du fast wortwörtlich hier Spuren hinterlassen hast wie: wenn ich anfange über die Spätantike zu reden, komm ich ins Schwärmen, aber dann sagt irgendjemand, wozu brauch ma des? Oder so ähnlich.

Wenn man in der Geschichte nur das akzeptiert(*), was einem sympathisch ist und in den eigenen Kram passt, dann ist man als Historikerin arm dran (anknüpfend an "ein paar deppate Stellen im AT").

Weil ich jetzt ein "Linker" geworden bin, noch ein Link:

http://www.beschneidung-von-jungen.de/home/geschichte-der-beschneidung/geschichte-der-beschneidung-in-der-westlichen-hemisphaere.html

(*) akzeptieren im Sinne von "nicht abstossend finden"

ich kann "meinen" Historiker nicht finden, die infrage kommenden Kulturzeit-Sendungen gibts nimmer im Netz. Aber du kannst ja im Herbst einen deiner Professoren fragen.



Geschrieben von atlana am 27.07.2012 um 07:58:

 

"schwärmen" gehört nicht zu meinem aktiven wortschatz.

ob es dir paßt oder nicht, es gibt bessere quellen und schlechtere quellen. altes testament gehört zu den allerallerallerschlechtesten quellen überhaupt.

historiker haben interessensschwerpunkte, und daß jemand historiker ist, verpflichtet ihn oder sie nicht dazu, alles historische interessant zu finden. ich würde im leben nie mehr die uni betreten, müßte ich mich zb für den zweiten weltkrieg und seine exzellente quellenlage interessieren oder für das assyrische reich oder für die geschichte australiens oder für wirtschaftsgeschichte oder byzantinistik *brrr*. insofern tuts mir leid, daß mir die fantasywelt von eisenzeitlichen wüstenheinis mit unsichtbarem superfreund mir ziemlich egal ist - aber das ist mein gutes recht. ich nehme allerdings zur kenntnis, daß diese bibelstellen wohl das fundament für die unsäglichen ritualmordwandersagen bilden, unter denen die juden so lange leiden mußten.

übrigens weiß ich zumindest in großen zügen über die "westliche" beschneidung* bescheid - und über die altägyptische auch, nur sind beide in der argumentation, in der es um die abwägung zwischen kinderrechten und religionsfreiheit geht, größtenteils irrelevant. in spiel kommt die viktorianische verstümmelei nur dann, wenn irgend ein blitzgneisser auf die medizinischen segungen der unreligiösen us-amerikanischen routinebeschneidung verweist, die in der in diesen viktorianischen prozeduren wurzelt.




*und auch über die sadistische frauenverstümmelei, die sich damals breigemacht hat.


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